Einen Überblick über die Gesamstrecke bietet diese Karte.

Vorspann: Im gesamten Text finden sich immer wieder Videolinks. Alle Videos sind auch in meinem Youtube Kanal „Bikerphilosoph“ hinterlegt. Die Videos sind so durchnummeriert, wie sie hier im Text aufgeführt sind. AUßerdem findet ihr auch Videos ohne Nummer, welches dann meistens die unkommentierten „Lang-Versionen“ sind. Mit dem ersten Video möchte ich euch etwas in meine Mtorradwelt einführen (Video 1 Einführung)
In aller Kürze die ersten beiden Tage, die mehr oder weniger die Anreise in eine von mir absolut bevorzugte Region darstellten, nämlich in das Fagaras Gebirge (Südkarpaten). Der erste Tag waren rund 980km satte Autobahn von Hamburg nach Wien. Meine GSA 1200 trug mich, unterbrochen von zwei Tankstopps klaglos trotz hoher Temperaturen zum Ziel.

Auch am Tag danach gönnte sich die Sonne Sonne keine Pause. In der ungarischen Tiefebene, insbesondere zwischen ungarischer Grenze und dem rumänischen Arad lag die Temperaturschwankungsbreite bei 3 Grad, d.h. wir bewegten uns zwischen 35 Grad und 38 Grad (siehe auch Foto)
Außerdem stand am zweiten Tag ein Experiment auf dem Plan. Nicht fahrtechnisch, es handelte sich wieder um viel Autobahn mit rund 700km in die Region des Städtchen Timisoara. Das Experiment dreht sich um die Übernachtung. Ich wollte auf meine alten Tage nochmals Neues ausprobieren und suchte über couchsurfing.com nach einem privaten Gastgeber in oder um Timisoara. Und siehe da es meldete sich Theo B. aus einem kleinen Dorf nordöstlich von Timisoara. OK, bangemachen gilt nicht und immer etwas dazu zu lernen halte ich auch für wichtig und daher sagte ich zu. Mich erwartete ein 500Seelen Dorf mitten in der rumänischen Pampa (nicht böse gemeint). Abgestigen bin ich vor einem alten Bauernhaus und eine alte Dame öffnete mir die Tür. Google Übersetzer sei Dank, konnten wir uns schnell verständigen und es war klar, dass Theo noch in Timisoara war und in ca. einer Stunde aufkreuzte. Ich solle es mir solange in der Scheune (Sommerwohnsitz) (Video 2 Rumänien – Wohnscheune) bequem machen, was ich auch tat. Dann kam Theo und zu meiner Überraschung verbarg sich hinter dem Vornamen Theo eine Frau, namens Theodora. Und am nächsten Morgen wusste ich ganz viel von der Rumänischen Geschichte, denn Theo bietet solche Übernachtungen an, um fremden Menschen das Land und seine Schönheiten näher zu bringen. Zum Abendessen gab es Tomaten und Gurken aus dem eigenen Garten, die tatsächlich wie solche schmeckten und eben nicht nach Wasser. Für mich etwas ungewohnt, auf das Happy Landing Bier und auch auf alle anderen Alkoholika wurde verzichtet, da in diesem Haus keine Alkohol üblich ist. Aber, wenn ich meine, Alkohol zu benötigen, muss ich auch nicht mehr reisen! Es war sehr familiär, beim Spülen konnte ich ebenso helfen wie beim Einfüllen des selbstgemachten Tomatensaftes in Flaschen mit Bügelverschluss, die vorher kochend heiß gereinigt wurden und da die Tomatensoße ebenfalls gut heiß war, hieß es aufpassen mit den Fingern (unglaublich, zu was Motorradhandschuhe alles nützlich sein können). Die Flaschen werden dann auf dem Kopf gestellt und halten so den ganzen Winter über. Theo ist auch ein vielreisender Mensch und hatte für die EU in Afrika gearbeitet. Vielleicht stimmt es doch, dass viel Reisen offen macht und die Arme eher zum Willkommen ausgebreitet sind als ablehend überkreuzt. Ich schlief herrlich, die Nacht kühlte ab und zu meinem Erstaunen keine Moskitos. Die absolute Natürlichkeit und Herzlichkeit dieser beiden Menschen hat mich total vereinnahmt.
Der Morgendunst hat sich entschlossen, die beiden Täler, die das Dorf begrenzen, langsam und gemächlich zu verlassen. Der Himmel ist noch nicht klar, eher etwas milchglasartig und die Sonne bricht sich langsam ihre Bahn. Über der Landschaft liegt Stille und auch die Arbeiter auf dem Weingut tätien ihr Handwerk wie wenn sie der Stille eingedenk wären. Die Straße zieht sich wie ein schnurgerades Band durch die scheinbar unendlichen Weinberge.

Dann wieder ein kurzes Stück Autobahn in Richtung Sibiu, da die Ebene der ausgetrockneten Maisfelder nicht wirklich einladend zum Fahren scheint. Dann, bei Sebes, runter vom Highway und schon wird’s interessanter. Erstmal 15km zum Mäusemelken. Es gibt eine Autobahnsperrung und so rollt der gesamte Vekehr über eine sehr diskutable Straße und eigentlich ist an Überholen nicht zu denken, weil jene Straße nicht nur kurvig und schlecht, sondern darüberhinaus auch noch total überfüllt ist. Auch das geht vorüber. Aus der Ebene tauchen die Silhoutten des Farasgan Gebirges auf, das sich wie eine Riegel am Ende der Ebene erhebt. Waldige Hügel werden immer zahlreicher und die unschlagbare Kurviger Navigation führt mich wunschgemäß über kleine Straßen in Richtung Transalpina. Ich habe mich dieses Mal für dies Straße entschieden, da der letzte Rumänienbesuch der Transfarasgan gewidmet war und mir daher die Transalpina nur ein kleines Stückchen weit bekannt ist.
Aus Straßen werden Sträßchen und manchmal müssen Fuhrwerk und Maschine halt einander ausweichen. Pittoreske Dörfer säumen den Weg, wobei wahrlich nicht alles Gold ist, was glänzt. Der Lebenswandel scheint auf dem Land eher bescheiden, der Verkehr ist ruhig und in den Dörfchen selbst säumen außerhalb der sogenannten Zentren breite Grünstreifen die Straßen. Die Straße steigt stetig entlang des Flüsschens Sebes an und schließlich biege ich in Sasciori auf die eigentliche Transalpina ein.
Wie soll man nahezu 70km Kurvenfahrt beschreiben, deren wenige Geraden gerademal dazu da sind, die Kurven miteinander zu verbinden. Diese Straße bietet alles von langezogenen schnellen Kurven bis zu unmittelbar hintereinander kommenden steilen Links-Rechts-Kehren. Lange geht’s durch den Wald aufwärts, immer dem Flüsschen, bzw. dem Rinnsal, was von ihm übrig ist, folgend. Der Fluss wird nämlich weiter oben gleich zweimal gestaut und allein bis zu den Staustufen kann man sich schwindelig fahren. Das ist der richtige Moment, um auf mein Fotoproblem hinzuweisen. Ich habe eine GoPro Helmkamera, die ich vom Lenker aus bediene. Und insofern zeigen die Aufnahmen eben in regelmäßiger Eintönigkeit immer das Bild der Straße vor mir. Ich müsste viel mehr anhalten und mit dem Handy Aufnahmen machen, aber darin ruht der wahre Grund meines Problems. Anhalten bei einem solchen Ritt? Das muss ich noch lernen. Bei der zweiten Staustufe habe ich aber wirklich mal angehalten und den Kopf zu beiden Seiten geneigt.
Eigentlich hört diese wahnsinns Strecke von der Bezeichnung her vor Ranca auf. Da hat sich die Straße schon längst aus dem Wald auf die kahle Hochfläche des Faragans Gebirges geschoben, was dem Fahrspaß keinerlei Abbruch tut. Vor bzw. zwischen Ranca und Novaci erstrecken sich unzählige, scharfe und steile Kehren, die, sofern der entgegenkommende Bus gerade sein Vorderrad früher in der Kehre hatte, den ersten Gang erfordern. Diese Kehren, vor allem die absolut schnelle Abfolge von steilen und engen Kurvenstücken ist nicht für jeden was, aber wer es mag, jauchzt vor Freude. In Novaci, wo ich mein Nachtlager in einer kleinen Pension aufschlage, komme ich völlig ermatted und ausgelaugt an. Das war ein irrer Ritt und diese Strecke kommt sofort in die Schublade „meine Lieblinge“. (Video 3 Rumänien – Transalpina)
Es ist Tag 4 und der heutige Streckabschnitt geht von Novaci nach Varna. Und wenn man nach einem Super-Fahrtag gut gegessen hat und moskitofrei tief und ruhig geschlafen hat und zu guter Letzt noch so ein Früstücksteller vor einem augfgetischt wird, so scheint der Tag ausgesattet mit den besten Voruassetzungen zu beginnen. 70km später und bei rund 50km N7 Richtung Bukarest auf bescheidener Landstraße und ziemlicher Unmöglichkeit des Überholens (ich überhole gerne und häufig), weil sich schlichtweg Fahrzeug an Fahrzeug reihte, war der Spaß vorbei.
Und noch eins: Ich denke, dass ich alle Bulgarischen (http://bmw-touren.bike/albanien-bulgarien-balkan-2021 und Rumänischen ( http://bmw-touren.bike/4-995-km-nach-kuekuelloekemenyfalva-karpaten-2018) Bikerfreunde auf Knien um Verzeihung bitten muss, denn in beiden Ländern sind wir schon tolle Strecken gefahren. Aber für diese Strecke heute habe ich mir noch kein abschließendes Urteil gebildet. Es schwankt zwischen eintönig und stinklangweilig. Am Anfang, aus Novaci raus, führte die Straße noch durch die Ausläufer des Faragans Gebirges, kleine Dörfchen säumten den Weg und eine Parallele zu Albanien fiel mir auf. Oftmals stehen stark renvierungsbedürftige Häuser neben brandneuen, die in den grellsten Farben angemalt sind. Womöglich Rückkehrer. Dann die Eintönigkeit erstmals bis zur Donau, die sich wirklich als majestetischer Strom zeigt. Anschließend wieder vertrocknete Sonnenblumenfelder und eingetrocknete Maisfrüchte. Was um alles in der Welt soll ich denn da fotografieren?
In Varna habe ich mir ein Hotel an der Uferpromenade ausgesucht und gegenüber kann ich die Riesentanks von irgendwelchen Raffinerien sehen. Der Portier erklärte mir, wenn ich 10 Minuten in jene Richtung (nach rechts) laufen würde, wäre ich am Strand von Warna und dort gebe es ein Restaurant am anderen. Das erschien mir zunächst beim dem momentanen Anblick, der sich mir bot, schwer glaubhaft Aber ich habe ich mich auf den Weg gemacht, der unmittelbar bei der Hafeneinfahrt nochmals abbog und siehe da, da waren sie, die Restaurants. Kein Englisch und auch keine Bilder auf der Speisekarte, aber Dank Google bin ich nicht verhungert. Und so sitze ich jetzt am Sandstrand von Warna in Gewimmel ausschließlich bulgarischen Familien und habe das Gefühl, dass mindestens 70, 80 Kinder durch den Sand rennen und das ganze bei total gelöster Stimmung. (Video 4 Bulgarien – Varnastrand) Ich genieße noch einen schönen Rotwein und anschließend mache ich mich wieder auf den Heimweg zum Hotel.
Morgen die Brücke übern Bosporus und anschließen das Schwaze Meer geben sicher fototechnisch deutlich mehr her.
Und der Morgen präsentiert sich bereits um 08:15 mit 26 Grad, so dass es angsagt ist, ziemlich schnell aus Varna heraus zu kommen und die Kühle der höherliegenden Wälder zu suchen.
Nach ca. 9 km biegt diese kleine Zubringerstraße auf die Hauptstraße nach Bugas ab. Zwar ist die Straße besser, aber der Verkehr nimmt deutlich zu un der Wald steht nicht mehr so eng und schattenspendend am Straßenrand. Der „Highway“ ist größtenteils dreispurig was bedeutet jeweils in eine Richtung kann überholt werden und in andere Richtung herrscht Überholverbot. Nur, dass die so hübsch aufgezeichneten weißen Linien für manche offensichtlich nur Dekorationsstreifen sind, was insofern blöd ist, wenn man selber auf der zweispurigen fährt und in einer lang gezogenen Kurve überholt und es kommt auf „meiner“ Spur der übliche große schwarze AUDI entgegen. Und trotz diesem Protz sehe ich nun oben von den Bergen zum ersten Mal, dass Schwarze Meer silbrig vor mir liegen, völlig ruhig im Sonnenschein und sich einen Dreck um AUDI Fahrer scherend. Aus den Bergen unten angekommen beginnen links die Hotelburgen von Nessebar. Touristik im Zuckerbäckerstil, aber schlimmer. Ich komme an fröhlich sprudelnden riesiegen Wasserparks (Plural!) vorbei, wo aus allen Löchern, Rutschen, Schwimm- und Planschbecken Wasser fließt und das Hinterland ist straubtrocken und die Sonnenblumen und Maiskolben vertrocknen.
Burgas, so zumindest mein Eindruck, gesichtslose Betonwüste, die überall auf der Welt stehen könnte, aber wenn man an der Küstenstraße entlang über die Berge in Richtung Türkei will, muss man da einfach durch. Und ich werde entschädigt, die folgenden 70 km von Burgas zur türkischen Grenze sind wieder einmal purer Genuss. Breite, gut ausgebaute Straße viel Wald mit Schatten, langgezogene Kurven und davon nicht zu wenig. Und meine GSA jubelt mit mir und lässt es laufen. Jetzt bewege ich mich gerade auf die türkische Grenze zu, nicht ahnend, zu welchem erstaunlichen Vergleichen mich dieser Grenzübertritt bewegen wird.
Die Schlange lässt schon nichts gutes ahnen. Zwischenzeitlich zeigt das Thermometer 31 Grad. Ich warte. Schließlich kommt ein Türke und meint, ich solle an der Schlange vorbeifahren und vorne beim Abfertigungshäuschen einfach „MoTo“ sagen, das sei hier immer so. Kurze Abstimmung mit dem polnischen Paar, das auf seiner BMW neben mir steht und die übrigens auch nach Georgien wollen. Ist es besser hier zu von der Sonne aufgefressen zu werden oder von einer entfesselt zornigen Meute gelyncht zuwerden. Während wir uns bereden, ziehen zwei Motorräder an uns vorbei und machen uns Zeichen, ihnen zu folgen. Nun denn. Vorne angekommen beginnt eine Prozedur, die mich zu besagtem Vergleich gebracht hat und zwar zu den deutschen Gesundheitsämtern während der Pandemie (ich meine nicht die Mitarbeiter, die konnten nichts dafür). Also Schalter 1 möchte Pass und Fahrzeugschein sehen, legt den Pass in das dafür vorgesehene (moderne) Lesegerät, stempelt ihn und schickt weiter zu Schalter 2. Der Beamte dort will auch den Pass sehen, um ihn offen vor sich hinzulegen und dann alle Eingaben manuell in eine auf dem PC Monitor auftauchende Maske einzugeben. Das dauert natürlich. Dann dürfen wir vorrücken zu Schalter 3, was jedoch nicht geht, weil der Fahrer des Wagens vor uns noch an Schalter 2 steht. Nun, er kommt irgendwann und der Beamte an Schalter 3 ist gnädig und prüft nur nochmals KFZ Schein und Kennzeichen und wir sind durch – denkste! Es kommt nämlich in einiger Entfernung noch Schalter 4, ein sogenannter „Inselschalter“, d.h. ohne Verbindung zu den anderen Schaltern, denn er fängt nochmals von vorne an mit Pass, KFZ Schein, Versicherungskarte und dem ganzen Sch…
Jedenfalls, irgendwann bin ich tatsächlich in der Türkei. Die beiden Biker, die uns vorgewunken haben, gehören schon zu den „echten starken“ Kerlen. Sie fahren in Shorts, haben aber Knieschützer umgebunden, damit sie etwas den Asphalt abschleifen können. Vom polnischen Paar verabschiedet ich mich mit einem freundlichen „See you in Georgia“ und dann geht’s kilometerlang den Berg hinab, auf einer toll ausgebauten Straße, super Grip und Kurven, Kurven, Kurven. Die Beschreibung des Rests der Strecke bis zum Bosporus schenke ich mir wegen totaler Langeweile. Und dann liegt sie vor mir – schon ein Riesenteil, was besonders auffällt, wenn man mal die Größenproportion zwischen LKW und Pylon betrachtet.

Weiter gehts nach Sile an der türkischen Schwarzmeerküste. Dort übernachte ich in einem Hotel, dessen Beschreibung auf Booking.com in diametralem Gegensatz zu dem steht, was ich vorfinde. Heruntergekommenes Zimmer, klein und schmutzig und dafür echt teuer. Ich beklage mich nicht, es ist eine Ausnahme und das einzige Mal, das mir so etwas auf der ganzen Reise passiert ist. An der Küstenstraße entlang fahre ich nach Amasra. Nur ganz kurz hinter Sile, wenn die Straße in die Berge geht, habe ich Gelegenheit, die tollen Ausblicke auf’s Schwarze Meer zu genießen. Danach eher nicht so toll. Bei Zonguldak biege ich nochmals in die Berge ab und nehme kleine Nebensträßchen über Bartin nach Amasra.
Dort angekommen stehe ich vor dem gebuchten Boutique Hotel, das sich als hübsches kleines Holzhaus entpuppt, mit einem Zettel in türkischer Sprache, den ich natürlich nicht verstehe. Zwei Frauen helfen mir, wobei die eine gleich sagt, dass der Hotelbesitzer der „Patron“ sei und siehe da, er kommt auch schon um die Ecke. Meine BMW wird begutachtet und ein weiterer Mann erkundigt sich ausführlich nach Leistung und Preis. Nein, abschließen mit Kette und so müsse ich sie nicht, erläutert mir der Hotelbesitzer und macht eine Geste, die deutlich machen soll, dass er hier Herrscher aller Reusen ist. Aber ich mache sie trotzdem an der Dachrinne fest, vorher, die vielen Fragen, haben mich etwas verunsichert. Am Abend schlendere ich an der Hafenmohle entlang und suche mir ein hübsches kleines Strandlokal zum Essen. Auch dort erfahre ich von umliegenden Tischen wertvolle Hilfe beim Aussuchen meines Abendessens und auch hier wieder Fragen über Fragen. Alles sehr gesellig und angenehm.
Wunderbar ruhige Nacht, am Morgen ein kleines Frühstück in einem Strandrestaurant und ein Spaziergang durch Rimini, ah sorry Amasra. Hatte ich wohl wegen der Touris und den ganzen Souvenier- und Badezubehörläden verwechselt. Schnell rauf auf die Maschine und ab in die Berge, welche durch sattes Grün glänzen und oft den Blick auf die Küstenlinie freigeben. Bei Kurucasile trifft die Straße wieder auf den Strand und zieht sich dann kilometerlang direkt am Strand entland. Links neben der Straße ein breiter Streifen Kies (Strand) und etliche türkische Camper. In Cide biege ich rechts ab auf die D759, um wieder in die Berge zu kommen. Kurz nach dem Ortsausgang von Cide hatte ich mir dann eine kleine Nebenstraße ausgesucht, welche den großen Bogen der D759 abkürzt. Das hat zwar kilometermäßig gestimmt aber die 30km Schotter die steilen Berge rauf, haben Zeit gekostet. Trotzdem, gutes Training für die D915. Die759 mündet dann in die D765, welche mich über ein landschaftlich tolles Hochland in Richtung Boyabat führt. Boyabat selbst muss man nicht unbedingt gesehen haben. Eine geschäftige, aber auch erzkonservative Stadt. Mein Abendessen gab’s frisch von der Ziege und am Morgen hat es sich ein blinder Passagier auf meinem Ped bequem gemacht.
Der sonnige Morgen und ein Abschied von meinem blinden Pasagier und schon bin ich auf dem Weg aus Boyabat hinaus auf die D030 in Richtung Kemerbahçe. Es wird bergig und der Fluss Kızılırmak begleitet mich bis zum Altinkaya Stausee. Wunderbares Sträßchen um den See herum , jedoch ziehen sich nördlich von Staudamm ziemlich fies aussehende schwarze Wolken zusammen. Die sahen nicht nur fies aus, sondern aus ihnen ergoss sich auch ein Gewitter, welches jedem tropischen Mittagsregen Ehre gemacht hätte. Ich musste echt das Regenzeug überziehen und mit wenig Sicht durch. Bei Doruk mündet die Straße in die E95 und vor dem Zusammenkommen der beiden Straßen ein Riesenstau. Blöd nur, dass es keine Standspur gibt, sondern sowohl rechter, als auch klinker Straßenrand durch einen Zaun begrenzt sind. So bleibt nichts anderes, als Durchschlängeln, wobei die türkischen Autofahrer zum einen völlig entspannt sind und zum anderen Tipps geben, wie ich am besten durchkomme. Mehrmals wurde mir das Angebot gemacht, die Maschine über den Zaun zu heben, was ich jedoch dankend ablehnte und was mich am Ende des Tages auch nur zwei Kilometer weiter gebracht hätte. Irgendwann löste sich der Stau auf und die Straße führt abwärts in Richtung Samsun. Weit komme ich nicht, denn auf der nach wie vor tropfnassen Straße haben sich in einer langen Linkskurve ca. 40km vor Samsun zwei Lastwagen geküsst und gleich noch mehrere PKW verwickelt. Sah alles nicht so wirklich gut aus. Schlussendlich erreiche ich Samsun. Dort schwenke ich wieder auf die Küstenstraße D010 ein und lasse die nassen Straßen hinter mir und orientiere mich Richtung Giresun. Der Hunger nagt und an einer der vielen Restaurants am Straßenrand halte ich an. Das war ein Glücksgriff. Eine riesengroße Pide bringt alle Lebensgeister zurück und gesättigt und beflügelt mache ich mich auf die letzten Kilometer nach Giresun.
Dank „kurviger.de“ finde ich das Hotel in Giresun sofort. Es liegt rechter Hand an einer steilen und gut befahrenen Straße. Beim Vorbeifahren entdecke ich vor dem Hotel rechts einen Parkplatz, Also hoch die Straße, rumdrehen und zurück zum Parkplatz. Links abbiegen, um in den Parkplatz zu kommen und da versperrt mir eine Kette mit Schloß den Weg. Das ist jetzt echt doof. Mit dem Vorderrad stehe ich an der Kette, absteigen und Seitenständer funktioniert nicht, da die Straße viel zu steil ist. Absteigen über die rechte Seite scheint mir zu riskant und rückwärts mit den Beinen schieben schaffe ich nicht. Vermutlich würde ich heute noch dastehen, aber glücklicherweise kam ein Pärchen die Straße runter und ich sprach sie an. Sein Englisch war so gut und sein Augenschein auch, dass die Situation sofort verstanden wurde und aus dem Hotel eine hilfreiche junge Dame samt Schlüssel geholt wurde. Und wieder einmal gilt, der Mensch kann noch so blöde sein, er muss sich nur zu helfen wissen.
Giresun ist ein hübsches kleines Städtchen, das sich einen steilen Berg hinaufzieht. Das Städtchen ist insofern ganz lustig, als dass sich die Stadt-Autobahn wie in einem 180 Grad Halbkreis um einen großen Felsen herumläuft. Und auf diesem Felsen liegt die Festung und ehemalige Basis für Giresun. Diesmal bin ich tatsächlich hochgelaufen, wobei ich wieder mal völlig die Steigung und die Wärme unterschätzt habe und oben fix und alle ankam. Die Festung gibt nicht sehr viel her und auch geschichtlich ist wohl nicht allzuviel passiert. Heute dient sie zum Picknick für Familien, die mit vollgepackten Autos hochfahren und dann vollbeladen mit Sacke und Pack noch weiter zu den Picknickplätzen hinauflaufen. Am Abend habe ich zum ersten Mal den Eindruck gehabt, es gibt eine Essenskultur. Ich bekam eine Vorspeise (türkische Meze) und als Hauptspeise ein knusprig gegrilltes Hähnchen mit Gemüse und mit 2 schönen Bier.
Der nächste Tag brachte nichts Aufregendes. Die Fahrt an der Küste entlang war schön. Links das Meer, von der Straße meist durch einen breiten Streifen Kies getrennt, rechts über viele Kilometer echt riesige Plastikplanen, auf welchen Haselnüsse getrocknet wurden. Manchmal trennten sich die Fahrbahnen und in der Mitte wuchs eine kleine autofreie Insel aus dem Asphalt. Oft bewachsen mit einigen Büschen oder Bäumen, die sich aus dem Kies emporstreckten. Unter den Bäumen Camper. Tja, das sind richtig verkehrsgünstig gelegene Plätze, an welchen allerdings ein freies Kinderspiel nicht sehr zu empfehlen ist. In Of dann die Abzweigung rechts nach Caykara, meinem letzten Übernachtungsort vor der D915 und auch dieses Städtchen kommt mit einem interessanten Detail um die Ecke.
Über Bookinmg.com hatte ich mich im Sevincler Apart Hotel für 1 Appartement mit 1 Schlafzimmer eingebucht. Ich wusste, wo das Hotel laut der Karte von Booking.com liegen sollte. Die genannten Adresseingabe in Google führte jedoch irgendwo anders hin. Jedenfalls stand ich irgendwann in Caykara vor einem Lebensmittelladen und meine Augen irrten über den Platz, um irgendeinen Hinweis auf ein Apart Hotel oder ähnliches zu finden. Es war mir dank eines hilfreichen Ladenbesitzers schließlich möglich, das „Apart Hotel“ zu finden, wenngleich meine Vorstellung eines „Hotel“ von der Realität korrigiert wurde. Irgendjemand hat mir da seine Wohnung vermietet und ich hatte auch den Eindruck, dass die Familie erst kurz vor meiner Ankunft „ausgezogen“ ist. Seht selbst wie ich in Cayakara im „Apartement Hotel“ in meinen Übernachtungsplatz kam (Video 4 Türkei – Caykara)
Am Abend suche ich ein Restaurant in der Stadt und werde am Flussufer fündig. Ein ziemlich spartanisch ausgestatteter Raum, spärlich besetzt und das Angebot entspricht dem Ambiente. Zurück im Appartement checke ich die Wettersituation, da ich diese D915 nicht bei Regen fahren möchte. Überhaupt beschleicht mich eine gewisse Unsicherheit, ob ich dieser Herausforderung gewachsen bin. Ich versuche nochmals Videos über die Strecke zu finden und werde fündig. Ein „erfahrener Tourguide“ führt eine motorradfahrende Journalistin über die gefährlichste Straße der Welt. So einen reißerischen Schmarrn, gefüllt mit Attributen, die einem die Haare zu Berge stehen lassen und so etwas von weitab von Thema Motorradfahren habe ich noch nie gesehen. Aber dieses Video gibt mir die Sicherheit, dass es gar nicht so tragisch sein kann. Diese D915 wird völlig falsch bewertet.
(die gefährlichste Straße der Türkei / World’s Most Dangerous Road – D 915 Bayburt Of Yolu / Mythos D915, gefährlichste Straße der Welt usw. usw.) Auch dieser noch relativ schlicht und sachlich gehaltene Kommentar übertreibt meines Erachtesn stark.

Ich beginne gleich mit dem Fazit. Dieses Gedöns von wegen Gefährlichkeit und schlimm und ach und och ist völlig daneben. Diese Straße hat mich herausgefordert, zum Teil sogar sehr, aber gefährlich ist etwas völlig anderes. Es gibt zwei Steilstücke, eines davon mit etlichen spitzen steilen Kehren, die nicht einfach sind, da sich der Belag zwischen normalem Feldweguntergrund bis heftigem Schotter bewegt. Manche kindskopfgroßen Wacker wollen einfach das Vorderrad nicht dahin drehen lassen, wo ich es gerne hinhaben möchte. Die sind schwierig zu fahren, OK. Ich hab’s geschafft und ich in sicher kein sehr guter Motorradfahrer. Und das Gejammere wegen der fehlenden Leitplanken? Wer mal einen Höhenweg in den Alpen gefahren ist, kennt das. Kritisch sehe ich die Kehren, wenn die Maschine mit zwei Personen beladen ist und für große Tourer ist die Strecke eventuell nur mindergeeignet, mir ist unklar wie ihr die um die Kehren wuchtet und auch was die Felgen anbelangt, meine ich, dass hier nicht zwingend Aluguss Felgen angebracht sind. Also ein bisschen holpern tut’s schon.
Die beiden türkischen TET Fahrer im Bild waren in ihrer herrlichen Freude hinter mir, was mir insofern praktisch erschien, als dass ich Hilfe hätte, wenn ich sie wirklich mal lege. Leider legte es nicht mich sondern einen von ihnen in einer Kehre, aber so schnell wie der wieder oben war, habe ich gerade mal angehalten. Dieses Anhalten bescherte mir ein besonderes Erlebnis. Als ich wieder losfahren wollte, starb mir der Motor ab. Mehrmals. Der Kollege kam und zog bzw. schob die Maschine und trotzdem, immer wieder dasselbe Ergebnis. Eigentlich kann ich am Berg anfahren und war daher schon ein wenig verzweifelt. Es schien so, als ob sich die elektronsiche Handbremse nicht löste. Irgendwann stellte ich den Motor ab, wartete ca. 2 Minuten und startete neu und siehe da das Problem war gelöst. Ist mir noch nie passiert und ich brauche es auch nicht wieder, aber immerhin würde ich jetzt schneller die Ursache finden.
Und jetzt schreibe ich einfach mal über die unglaubliche Schönheit und die Wildheit dieser Landschaft. Dieses dunkle satte Gründ das sich die Hänge hinaufzieht und die Baumspitzen ihre Konturen in den azurblauen Himmel strecken. Diese Abwechslung zwischen baumbewachsenem Rinnsaal, steilen Wäldern und den völlig baumlossen Kuppen der Hochebene auf dem Kamm ist atemberaubend. Leider kann sich das Auge nicht daran sattsehen, sonst liegt ihr im Graben oder sonstwo. Aber meine visuellen Eindrücke waren so vielfältig und stark, dass ich sie sicher noch lange im Gedächtnis speichern werde. Eine fantastische Strecke, der man jedoch mit dem nötigen Respekt entgegenkommen sollte. Landschaftlich schlichtweg ein Traum.
Ich habe über diese Strecke viel Informationen im Netz gesucht. Einige Videos habe ich gefunden, welche aber immer nur kurze Abschnitte zeigen. Daher habe ich die gesamte Strecke auf Video (inklusive meinem Bremsdebakel) und stelle es gerne zur Verfügung. Am Ende des zweiten Steilstücks mit 11 Kehren, hat dann die GoPro auch keine Lust mehr, so dass die letzte Kehre fehlt, aber das war ohnehin die Einfachste. Wenn ihr das Video ganz und/oder in Abschnitten sehen wollt: (Video 6 Türkei D 915). Da es die komplette Strecke zeigt, ist es länger als 40 Minuten, aber ihr könnt ja im Zweifel vorspulen.
Oben, auf der Hochebene angekommen, gönne ich mir eine kurze Pause samt Tee und süßem Gebäck. Dann starte ich in ein lieblich grünes Hochtal, an dessen Ränder ich einen Blick in die steinige Bergwelt habe, die mich noch von meinem Ziel Artvin trennt. Diese Felslandschaft marg karg sein, trägt aber auch einen tiefen Reiz in sich, zumal die türkische Regierung im Rahmen mehrerer Wasserprojekt tolle Straßen in den Fels gehauen hat.
Die karge Schönheit dieser Landschaft lässt mich darüber nachdenken, wie wohl die Menschen vor tausenden von Jahren hier ihr Dasein fristeten? Die Sonnenglut erhitzt erbarmungslos den Fels und dieser gibt die Hitze an die tiefer gelegene Straße ab. Im Winter ist es dafür bitterkalt. Einen Eindruck mögen euch die BIlder von Straße und Alndschaft vermiteln (Video 7 Türkei – Pontisches Gebirge) Die Straße selbst ist nahezu verkehrsfrei und lässt es echt gut laufen, manchmal kann man richtig übermütig werden.
Nach unzähligen Kurven und Kehren, vielen Tunneln und hitzeabstrahlenden Felswänden erreiche ich Artvin. Die Fahrt ging schon eine sehr lange Zeit kurvig bergab und kurz bevor sich die D010 gabelt und die D950 abzweigt biegt rechts ein Brücke über den Fluss Coruh ins Zentrum ab. Die Brücke liegt auf ca. 325m Höhe. Mein Hotel auf ca. 1.200m. Die ganze Stadt ist eigentlich eine einzige Serpentine und in Wikipedia ist über die Stadt zu lesen: „Es gibt praktisch keine ebene Fläche im Stadtbereich“. Mein Navi führte mich also über etliche kleine Sträßchen und Kurven den Berg hinauf und behauptete irgendwann in einem Wohngebiet, nachdem ich vor einer rechts liegenden, hohen Mauer anhielt, dass exakt da mein Hotel sein sollte. Nur, das Hotel wusste es nicht. Was mir beim Hochfahren innerhalb der Stadt aufgefallen war, dass der Anteil der verschleierten oder kopftuchtragenden Frauen gegenüber dem Hochland sehr zurückgegangen ist und viel westliche gekleidete Türkinnen völlig unbeschwert auf den Straßen liefen. Als ich dann vor dieser Wand stand und das Hotel suchte und es wirklich nicht mehr weiter ging, sprach ich zwei junge Frauen zunächst mit der Frage an, ob sie English sprechen würden, worauf die eine sofort und nahezu begeistert antwortete: „Ja, natürlich spreche ich englisch“. Und sie konnte mir auch Auskunft über den Weg geben. Die Beiden kannten das Hotel und ganz so falsch war das Navi nicht. Das Hotel liegt in einer großen Grünanlage, die hinter der Mauer beginnt, jedoch gibt es eine Zufahrt nur von oben. Dies bedeutete wieder runter zur Hauptstraße, auf der Hauptstraße noch viel weiter den Berg hinauf und dann ein Ministräßchen links ab den Berg hinuter und da stand es dann auch. Überaus freundlicher Empfang, schönes Zimmer aber kein Restaurant. In der Zwischenzeit hatte sich der Himmel zugezogen, tiefschwarze Wolken türmten sich über dem Tal und es goss wie aus Gübeln und da das nächste Restaurant 30 Minuten Fußweg bedeutete gab’s zum Abendessen vier Duplos und zwei Fanta. Nicht, dass ich begeistert zu Bett ging, aber meiner Figur tat das Schmalspurabendessen sicher gut und trocken war es auch.

Und dann das morgendliche Erwachen. Strahlender Sonnenschein dringt in mein Zimmer, vor dessen Terrasse sich eine frisch gewaschene in den unterschiedlichsten Grüntönen bemalte Landschaft präsentiert. Wow – gutes Frühstück auf der Terrasse und wieder bestgelaunt aufsatteln.
So wie es nach Artivn auf der einen Seite hineinging, geht’s auf der anderen heraus. Gute Straße, die sich aufwärts windet und dann in einer Hochebene mündet. Irgendwann im Laufe der Kilometer änderst sich dann die Landschaft dramatisch. Auf diesem Reiseabschnitt zwischen Artvin und der türkisch/georgischen Grenze wird mir alles geboten. Der rot, baumlose und heiße Fels rund um Artvin, die waldreichen Hügel in der Gegend von Savsat und tierische Kälte auf der georgischen Hochebene auf schon wieder 2.000m. Zwischendurch wähnte ich mich in den Seealpen und urplötzlich hatte ich das Gefühl, dass mich jemand mitten in den Schwarzwald (Video 8 Türkei – Schwarzwald) gebeamt hat. Das Video ist wirklich nur sehr kurz aber das Bild mag euch einen Eindruck vermitteln, wie es in diesem Teil der Türkei aussieht. Die Stadt Savsat selbst gehört zu den „cittaslow-Städten“ des Landes, was doch einiges über die etwas langsamere Lebensart der Menschen dort aussagt.

(Region Savsat – Quelle: https://goturkiye.com/de/savsat)
Weiter hoch, über die Baumgrenze, mit Kehren, die dann schon den Alpen Ehre gemacht hätten und auf einmal umgibt mich nur noch grüne, ein wenig trostlos wirkende, Fläche. Ich fahre schon wieder auf rund 2.500m Höhe und die Temperatur ist wie ein Stein gefallen. 8° und ein schneidender Wind wobei die vielen Schnee-Absperrgitter welche die Straße auf der Hochebene begleiten, deutlich machen, dass es hier im Winter sicher kein Zuckerschlecken ist. Mir reicht schon meine Durchfahrt im August. Der schneidende Wind und die niedrigen Temperaturen lassen mich anhalten und meine wärmende Unterjacke sowie andere Handschuhe anziehen. Das kann ich ungefährdet am Straßenrand machen, da ich in der riesigen Hochebene bislang auf alle den Kilometern noch kein Auto gesehen habe. Ab und zu tauchen Waldinseln auf, die einsam in der grau-grünen Landschaft stehen und ich frage mich, ob gezielte Aufforstung der Bodenerosion nicht entgegenwirken würden. Vielleicht könnte sich so manches Zertifikats Projekt, das sich (angeblich) im Dschungel um den Erhalt kümmert, hier nützlich machen. Das Problem ist halt, hie könnte man es einfach und strikt kontrollieren, was möglicherweise so gar nicht gewollt ist. Die Ebene begeleitet mich mit relativ trostloser Umgebung bis um Grenzübergang nahe Cildir. Die türkischen Grenzer winken durch und auf der georgischen Seite werde ich von sechs Beamten/innen neugierig umringt. Dann jedoch kommt ein Grenzer mit einem Stern mehr auf der Schulter, was die anderen veranlasst, einen Schritt zurück zu treten. Der Kollege kontrolliert routiniert, höflich und freundlich und verweist am Ende darauf, dass ich eine spezielle georgische Verischerung benötige, die ich jetzt hier erwerben könne. Die hatte ich jedoch in weiser Voraussicht schon früher übers Internet gekauft und zeigte ihm, offensichtlich zu seiner eigenen Verwunderung, die Police. Somit alles gut und ich verlasse den Grenzübergang, an welchem ich der einzige „Gast“ war. Der Übergang liegt am Karzachi-See und landschaftlich beginnt Georgien genauso wie die Türkei aufgehört hat. Ein schmales Sträßchen führt durch das Hochland, wobei die Straßenbreite noch dadurch eingeschränkt wird, dass zwischen Grenze und der rund 20km entfernten Ortschaft Sulda ein LKW am anderen den Straßenrand säumt. Auch die riesengroße Parkplätze an der Seite sind voll belegt. Da viele der Fahrer sich nicht im LKW aufhalten sondern in diskutierenden Trauben auf der Straße und um „Kaffeetischchen“ aus Plastikkisten stehen, ist Aufmerksamkeit angesagt. Die brauche ich auch mit dem Blick auf meine Tankanzeige, denn, was ich so nicht erwartet habe, ich finde zunächst keine Tankstelle, die Kreditkarten akzeptiert und auch keine Bank. Zwischen der Grenze und der nächst größeren Stadt Akhalkalaki befindet sich die gesamte Infrastruktur in einem Zustand, der, für uns Westeuropäer, deutlich Luft nach oben hat. In Akhalkalaki finde ich zwar auch keinen Bankomat, aber an einer Tankstelle steht ein freundlicher Mensch, der einen kennt, der weiß, welche Tankstelle Kreditkarten akzeptiert. Das war gut so, denn zwischenzeitlich brauchte ich echt Sprit. Die Stadt selbst ist, für meine Begriffe nicht überaus einladend und ich mache mich schnustracks auf den Weg nach Vardzia. Diese Stadt wurde im 12. Jahrhundert in den Fels geschlagen. Ursprünglich gedacht für 50.000 Einwohner türmten sich die rund 3.000 Wohnungen auf 7 Stockwerken übereinander. Alle und alles mit Tunneln, Treppen und Terrassen verbunden. Die Wasserversorgung bestand aus einem Netz von Keramikleitungen.

Von der gegenüberliegenden Straße kann man die Ausmaße erkennen. Echt erstaunlich, was die Ingeniere im 12. Jahrhundert alles vollbracht hatten, um ein Leben und Wohnen in den Felshöhlen zu ermöglichen. Die Besichtigung selbst war schweißtreibend, denn die Straße nach Vardzia verlässt das Hochland und in den Tälern ohne Wind wird es sofort ziemlich heiß. Dafür ist die kurvenreiche Strecke super zu fahren. An einer Brücke über einen kleinen Fluß halte ich an, denn was ich entdecke, müsste vielen deutschen Ingenieuren, die sich mit unserem maroden Brückensystem beschäftigen müssen, doch wie eine von oben gesandte Lösung vorkommen.
Der alte Eisenbahnwaggon hat offensichtlich schon bessere Zeiten gesehen, aber mit etwas Vorsicht kann man trockenen Fusses den Fluss überqueren. Mit der Maschine habe ich es nicht versucht.
Ich fahre über Akhalkalakhi zurück in Richtung der Hauptstraße nach Tiflis. An der Peripheri von Akhalkalakhi habe ich mir ein Hotel mit dem klingenden Namen „Riverside Hotel“ gebucht. Mich erwartete ein Erlebnis, das sich in die Reihe einfügt, dass man eben nicht nach dem ersten Eindruck bewerten soll. Also, ich fahren willig, vor allem aber durstig den Anweisungen des Navi nach, durchquere die heiße Stadt und finde mich auf einer ausgebauten Landstraße Nr. 11 wieder. Das Navi sagt klar und deutlich hier links

Ich kann das nicht so recht glauben, denn meine Augen finden außer dem Feldweg und öder Graslandschaft absolut nichts, was auf ein Hotel oder eine Herberge hindeuted. Ich frage an der Tankstelle rechts. Nein, hier gibt es nirgends ein Hotel. Also fahre ich doch auf den Feldweg, der sich etwas später zur Off Road Piste entwickelt. Stur dem Navi nach, bis ich auf eine Art Parkplatz in Front vor einer Baustelle komme. Ein große BMW Limousine steht da und eine Dame, die zwar bestens zum BMW aber überhaupt nichts ins Umfeld passt, steigt gerade aus. Ich spreche sie an und auch sie bestätigt, dass es hier kein Hotel gibt, aber sie wolle sich erkundigen. Sie entschwindet über eine Treppe, die über den Felsrand hinab zum Flusstal führt. Und wie von Zauberhand stürmt ein breit lachender Mann die Treppe herauf, begrüßt mich herzlich, nimmt mich in den Arm, stellt sich als Raphael vor und zeigt auf die Baustelle: This Hotel!“
Oh ha, da sind wohl einige kitzekleine Arbeiten noch nicht ganz fertig geworden. Die untere linke Tür führt zu meinem Zimmer. Innen sieht es deutlich besser aus, die Wände sind gestrichen und die Dusche gefliest, durch und durch europäischer Standard, alles gut. Raphael erkundigt sich nach meinen Wünschen zum Abendessen und bringt statt einem drei Bier (unklar, ob es Verständigungsprobleme gab oder ob er Gedanken lesen kann). Nach dem Duschen schau ich vom Balkon aus über den Fluss und sehen neben einer ganzen Entenschar einen Storch, wie er aufrechten Schrittes über die Wiese stolziert. Und dann dreht er sich zu einem Wasserhahn um und trinkt von diesem das frische Flusswasser. Na ja, auch er ist offensichtlich Gast des Hotels. Bezüglich des Abendessen bin ich etwas skeptisch, aber marschiere frohgemut über den Parkplatz die Treppe hinab. Sie führt über einen Felsabsturz, der das Flussufer vom höher gelegenen Straßenniveau trennt. Von oben ist absolut nichts zu sehen. Vom Flussufer schaue ich auf ein Glashaus, dessen Rückwand der nackte Fels bildet. An diesem plätschert Wasser hinab in ein angelegtes Wasserbecken, was den gesamt Raum etwas herunter kühlt. Überhaupt, ein irrsinns Innenraum samt offenem Kamin, in welchem mein Essen an einem Spieß gedreht wird, die Kartoffeln liegen in der Asche. Dazu gibt es Salat mit viel Koriander. Ganz modern „open citchen“ in welchem eine alte Dame ein Abendessen zaubert, wovon noch gut fünf weitere hätten satt werden können Video 9 Georgien – River-Side-Hotel).
Am nächsten Tag bleibe ich zunächst in der staubigen und kalten Hochebene. Die Kunst in der Ukraine zu fahren besteht eigentlich im Überleben. Vor mir ein PKW, davor ein Sattelschlepper. Ich überhole nicht, da uns ein LKW entgegenkommt. Der PKW-Fahrer sieht das wohl anders. Er zieht raus und ich bremse scharf, da mir ein heftiger Crash mit herumfliegenden Teilen unaufhaltsam scheint. Doch der LKW zieht aufs Bankett, der überholte LKW steigt in die Bremsen und er PKW passt da haarscharf noch hindurch. Keine Reaktion von einem der Fahrer, es geht einfach weiter. Es wird wärmer und die Waldlandschaft vor den Toren von Tiflis nimmt den Wind weg. Dann bin ich in der bereits wieder bei 37 Grad in der Ebene und schlage in Tiflis auf. Was für ein Riesenunterschied zu den Dörfern und Landschaften der eher ärmlich wirkenden Landregionen, in welchen ca. 90% der Häuser weder verputzt sind, noch über ein Ziegeldach verfügen.

Wow, eine Stadt der absoluten Gegensätze. Auf der rechten Flußseite liegt die kopfsteingepflasterte Altstadt, die meist von Handwerkern wieder aufgebaut wurde, nachdem sie von den Persern am Ende des 18. Jahhunderts zerstört wurde. Überhaupt, ist die Geschichte von Tiflis nicht nur lang (gegründet 458), sondern auch kompliziert. Perser und Russen wechselten sich ab, als Knotenpunkt an der Seidenstraße vereinigte sie viele unterschiedliche Religionen und entsprechende Bauwerke in sich. Die vielfältige Architektur umfasst ost-orthodoxe Kirchen, prächtige Gebäude im Art nouveau-Stil und modernistische Sowjetbauten. Und über alt wie modern, über alle Religionen und all die unterschiedlcihen Menschen wacht die strahlend weiße Statue „Mutter Georgiens“. Ich hatte das Glück, mich mit einem deutschen Polizisten in Tiflis verabredet zu haben, der als Teil einer europäischen Truppe in Georgien Dienst tut. Von ihm konnte ich viel über Stadt und Bevölkerung lernen und wir saßen abends in den Kneipen am Kura Ufer und genossen die flanierenden alten und jungen Georgier, vom dunklen Zweireiher und dem Kleinen Schwarzen bis zur Löcherjeans und bauchlosem Top. Wir sahen erkennbar viele unterschiedliche Religionen und Hautfarben, aber nicht einen Zwist, nicht ein lautes Wort oder dergleichen. Alle waren gut drauf. Da ich mir ein Hotel inmitten der Altstadt ausgesucht hatte, verzichtete ich zwar auf etwas Komfort, dafür hatte ich über die vielen Treppenstufen ausreichend Bewegung und war „mitten drin“. Eine großartige Stadt und ich wünsche diesen so angenehmen und freundliche Menschen, dass sie die Herausforderungen einer russlandfreundlichen Regierung, die offensichtlich durch Wahlbetrug an die Macht kam, meistern.
Viel zu kurz war mein Aufenthalt in einer Stadt, in welcher man auch nach einer Woche noch keinerlei Langeweile verspüren kann. Aber die Route ruft. Heute führt mich die Strecke in das Weinbaugebiet von Georgien. Zunächst aber wieder das Abenteuer einer ukrainischen Hauptstraße, die mich nach Rustavi führt. Dort gönne ich meiner tapferen Maschine eine ausgiebige Wäsche, so dass sie mindestens bis zum, Ende des Städtchen wieder glänzt und blitzt. Ein nicht lohnenswertes Unterfangen, denn gleich nach der Abzweigung in Richtung Lemshveniera, um zum Höhlenkloster David Garedsha zu kommen, war es Schluss mit lustig. Staubpiste durch grün, steiniges Land entlang der Grenze nach Azerbayzan bei über 30 Grad und kein schattenspendender Baum in Sicht. Mein Aufenthalt am Höhlenkloster war nur kurz, Staub und Hitze raubten mir die Muse. Der Blick jedoch in die Weite der Steppe befridigte mich. Also zurück über die Staubstraße bis zu einer Abzweigung, von der 158, die ich bisher „genoss“ auf die 172. Juhu Asphalt. Zwar immer noch so heiß, aber wenigsten kein Staub mehr. Dann bot mir mein Navi eine Strecke über die Berge nach Sataple und von dort aus zur Hauptstraße nach Sighnaghi, meinem heutigen Zielort an. Das wäre zum einen kürzer und um anderen reizte mich natürlich eine Bergquerung inmitten dieser steppenähnlichen Landschaft. Also links ab und nach wenigen Metern hörte der Asphalt auf. Wieder Staub und viel Schotter. Die Straße war zunächst noch erkennbar, manchmal grenzte sich der angebliche Straßenrand rein farblich etwas von der Umgebung ab, aber nicht wirklich deutlich. Nach rund 10 km war dann Schluss. Es ging eine Strecke mit nahezu kindskopfgroßen Steinen rechts ab. Google meinte, da musst du durch und Kurviger.de bestätigte das. Ich wollte aber nicht. Seit langer Zeit keine Menschenseele gsehen und die Vorstellung, dass ich jetzt in die Berge rauf soll und oben nur einen kleinen Defekt habe, ringsum nur Steine, keine Fahrfreude und im Moment noch 1 Strich Netz, ließen bei mir die Gedanken schnell in Richtung umkehren kreisen. Gesagt, getan. Zurück zur 172, mich verfluchend, dass ich mein Ped gewaschen und dann zu einer solchen Schotterpiste geführt habe, durstig ohne Ende, aber froh über meine Enzscheidung. Der Rest ist Straße, ein Stopp an einem Imbisswagen, für einen Kaffee und viel Wasser und einen kurzen Blick nach rechts im Vorbeifahren auf die Chailuri Festung und anschließend komme ich im Weinbaugebiet Georgiens an. Eine kurze Erläuterung anhand der nachstehenden Karte ist vielleicht hilfreich.

Am linken Rand seht ihr Rustavi. Von dort aus fuhr ich zum Kloster David Garedsha (etwas zur Bildmitte und nach unten, rote Schrift) und von dort aus nach Sighnaghi (etwas rechts der Bildmitte). Ihr erkennt die grüne Fläche in deren Mitte Sighnaghi liegt. Diese Fläche stellt eine wie aus dem nichts auftauchende Hügelkette, namens Gombori, dar, auf deren Spitze sich das Dorf angesiedelt hat und einen „Wachposten“ über die Ebene vor Azerbaizan bildet. Von Sighnaghi (der Name kommt aus dem Türkischen und bedeutet so viel wie „Schutz, Zuflucht“) aus hat man einen Blick in die 90km lange Ebene in Richtung der Landesgrenze. Um den Stadtkern herum wurde eine, zum Großteil noch vorhandene und um Teil begehbare, Schutzmauer errichtet, damit die Bewohner vor Plünderungen aus dem benachbarten Dagestan geschützt waren. Und rund um Sighnaghi und auch Richtung Lagodexhi wird Wein angebaut. Die Anfahrt hoch zum Städtchen ist schon super. Das Städtchen selbst empfinde ich sehr einladend und voll Leben. Das Hotel befindet sich in einem rund 200 Jahre alten Haus. Im Erdgeschoss sind die Lagerräume für Wein und die Feuerstellen, im oberen Stock, erreichbar über eine schöne Galerie, die Zimmer. Anna, Chefin und gleichzeitig Mädchen für alles, kümmert sich wirklich liebevoll, erzählt mit davon, dass der Weinbau in Georgien vor rund 8.000 Jahren begonnen hat und damit Georgien als das Ursprungsland des kultivierten Weinbaus betrachtet werden kann.
Ein kräftiges Frühstück unter strahlend blauem Himmel im Hof des Hotels zaubern gute Laune in mir und ich starte die Maschine. Steil führt die Straße von den Gombori Bergen runter ins Tal, wo es erstmal rund 90km ziemlich langweilig in Richtung Achmeta, also nordwest, geht. Es ist eigentlich kein anderer Weg möglich, rechts der Ebene sind die Ausläufer des Kaukasus, aber da ist auch die Grenze zu Russland. Der Weg führt zwangsweise durch etliche kleine Dörfchen, wobei auch hier der Unterschied zwischen den Städten und dem Land stark zu Tage tritt. Zig Verkaufsstände säumen die Straße mit gefühlten Millionen Tomaten und Orangen und Menschen in einfacher Kleidung stehen daneben. Größte Vorsicht ist bei den wirklich ekelhaften künstlichen Bodenschwellen geboten, rauscht man da mit 40km drüber hebt es einem flugs aus dem Sattel. Jeder Meter abseits der Hauptstraße, zeugt von einem Landleben, dessen Realität sehr weit von unserer Lebensart entfernt ist. Hm? Vielleicht sind deshalb die Menschen so um ein Vielfaches herzlicher? Nach Achmeta beginnt der Kaukasus und ich tauche ein in eine faszinierend schöne und kontrastreiche Bergwelt. Die Route windet sich immer wieder die Berge hinauf bzw. auf der anderen Seite hinab. Wie ihr erkennen könnt, ist die Straße gut ausgebaut und die Routenführung richtet sich am jeweiligen Berg aus und ist somit kurvig und toll zu fahren. Es ist wieder knallheiß und an den Stellen, wo die Straße noch nicht fertig ist oder ausgebessert wird, schlucke ich tüchtig Staub.

Dann klettere ich weitere 700m hoch und treffe dort auf diese sagenumwobene „Georgische Heerstraße“. Ein jahrtausend alter Karawanenweg, der die Verbindung zwischen der Region des Orients über das Kaukasus Gerbirge nach Russland herstellt. Erste Erwähnung bereits im 1 Jh. v. Chr. durch römische Geographen. Die wilden Bergflüsse des Gebriges und die tiefen Schluchten flößten vielen Menschen Furcht ein und die kaukasischen Räuber taten ein Übriges. Kosaken wurden zum Schutz der Strecke angesiedelt und richtig strategische Bedeutung erhielt die Straße im 8 jährigen russischen-türkischen Krieg. Bis 1900 gabe es einen täglichen Postkutschenverkehr auf dieser Strecke. Das muss ein besonderes Erlebnis gewesen sein, was wir uns heute kaum noch vorstellen können.
Kurz nach der Einmündung auf die Georgische Heerstraße komme ich zum Zhinvali Staubecken, an dessen westlciher Flanke mich die Straße entlangführt. Am Ende des Sees liegt die Festung bzw. Wehrkirche Ananuri. Touristischer Hotspot und rappelvoll. Großes Gedränge auf dem Parkplatz, dessen Gebühreneintreiber sich mit aufrichtenden spitzen Hindernissen gegen Parksünder wehren wollen. Alles absolut völlig unübersichtlich und weder Parkwächter noch Parkautomat zu sehen, so dass ich mit meiner GS eben zwischen den scharfkantigen spitzen Dreiecken hindurchfahre. Nicht, dass ich sparen wollte, aber ich hatte auch keine Lust, unter der praller Sonne auf einen Parkplatzwächter zu warten. Alles war gut.

Nach der Festung gehen die Beurteilungs-Kurven für Schönheit der Landschaft und Farspaß deutlich auseinander. Grandiose Bergwelt und die „Heerstraße“ macht ihrem Namen aller Ehre, wobei es halt nichte Heere sind, welche die Straße verstopfen, sondern hunderte von LKW. Alle diesen LKW Fahrern, egal ob Ukrainer, Russen, Türken ist eines gemeinsam. Sie fahren als gäbe es kein Morgen. Trotz einem Steilstück bei Sakuriani, wo insbesondere die russischen LKW mit Geschwindgkeiten von 20km/h hinaufkeuchen und definitiv nicht einsehrbarer Kehr voraus, zieht der türkische MAN raus, der bulgarische alte Daimler folgt und als von oben eben doch Gegenverkehr kommt, stoppt alles. So etwas passiert aber nicht einmal und ist sensationell, es ist die Strecke hoch zur russischen Grenze wohl so üblich. Ich kämpfe mich wirklich über den 2.800m hohen Javri Pass, schlängele mich an stehenden LKW’s vorbei, passiere den stehenden Verkehr und manchmal kann ich tatsächlich regulär überholen. Trotzdem und unbenommen von dem stinkig, dreckigen LKW Verkehr ist die Landschaft großartig. Stepanzminda lasse ich zunächst rechts liegen und fahre weiter bis zur russischen Grenze. Tags zuvor hatte ich von einer holländischen Motorradfahrerin erfahren, dass sie die Grenze für einen kurzen Abstecher nach Russland hatte überqueren wollen. Das war wohl keine gute Idee. Maschine samt Gepäck wurden gründlichst durchsucht, das Handy abgenommen und sicher ausgelesen (hoffentlich nichts draufgespielt) und nach drei Stunden Verhör wurde sie wieder zurück geschickt. Brauch ich alles nicht. Zurück, Richtung Stepanzminda , rechts ab zum Gergeti Kloster und den heiligen Berg Kasbek vor mir.
Eine gute präsparierte Asphaltstrße führt ein Stück weit in die Berge hinein. Ein paar Serpentinen durch den Wald und dann steht man auf einem hügeligen Grasland, an dessen einer Seite sich das Gergeti Kloster und gegenüberliegend der Kasbegi präsentieren. Die Hügel sind bewaldet und bilden einen dunkelgrünen Kontrast zwischen der Graslandschaft und den nackten Bergen. Das Kloster beeindruckt mich aufgrund seiner Lage in 2.100m Höhe, was jedoch in der Anlage selbst nicht aufrecht erhalten werden kann. Anders der Kasbegi. Stolz und aufrecht überthront er mit seiner Höhe von 5.054m, von einem weißen Wolkenfetzen umgeben, die anderen Gipfel und man meint förmlich die Schreie der Adler zu hören, wenn sie Prometheus die Leber herausreißen.
Ich mache mich auf den Rückweg zum Intourist Hotel in Stepanzminda. Das Hotel, ein Glückgriff. Super ausgestattetes Zimmer und auf der riesigen Sonnenterrasse treffe ich eine geführte Pedlergruppe aus Deutschland und wir genießen in der Abendsonne ein Happy Landing Bier. Lange bleibe ich nicht, denn bald merke ich, dass ich bei all den tollen Erlebnissen und Fahrkünsten nicht mithalten kann.
Am nächsten Morgen starte ich etwas später, genieße ein tolles Frühstück und verlasse den Parkplatz des Hotels. Es liegt am Berg und die Straße führt durch ein sehr kurzes Waldstück. Und plötzlich sehe ich ihn wieder, so wie ich ihn gestern Mittag „verlassen“ habe. Auch der Wolkenfetzen hat sich wieder an seiner Spitze verfangen. Bremse rein, Foto raus, ein Muss.

Ich muss auf der Georgischen Heerstraße ein ganzes Stück zurück Richtung Tiflis. Doch, wie mir dieser Morgen begegnet, hätte ich nicht erwartet. Die Straße, die Ortsdurchfahrten, die Gegend alles komplett leer. Wie wenn von Geisterhand alle LKW’s und andere Fahrzeuge, alle Radler und Fußgänger weggeweht worden wären, fahre ich in dieser traumhaften Kulisse völlig allein. Den Pass habe ich für mich allein und wenige Kilometer nach dem Passscheitel parke ich rechts am Gudauri Denkmal. Zugegeben, das Denkmal selbst, das ein gigantisches Mosaik in einem Dreiviertelkreis darstellt und zum Gedenken an den 200. Jahrestag der Gerogisch-Russischen Freundschaft (die viele Georgier heute mit anderen Augen sehen) errichtet wurde, ist auch so ein Touri Hotspot. Die Plattform, auf welcher das Denkmal errichtet wurde, steht genau am Rande einer fszinierenden und unglaublich schönen Schlucht. Für diesen Anblick bin ich froh, gehalten zu haben, das Denkmal selbst berührt mich persönlich nicht (Die Größe des Denkmals überforderte meine Handyfotografie. Das nachstende Bild habe ich „Georgia-Insight.eu“ entnommen) . Ich genieße weiter die Fahrt gen Süden auf dieser wunderbar leeren und doch so schönen Straße, vorbei an den Skigebieten, an der Steilstelle bei Sakuriani und an der Ananuri Festung. Ich bleibe auf der Hauptstraße Richtung Tiflis und uns beide plagt der Durst. Also, kurzer Stop, Tanken und ein Minirestaurant am Straßenrand wird urplötzlich zum Bikertreff. Die drei Pedler, zwei Deutsche, ein Franzose parken ihre Maschinen hinter meiner und dazu gesellen sich noch ein Eheepaar mit zwei kleinen Kindern. Dieser Familie gehört mein voller Respekt. Sie sind mit dem Rad unterwegs, die Kids sitzen bequem in Sitzen über dem Vorderrad und sind zusammen mit den Eltern wohl 6 Monate aus der Schweiz kommend, in Georgien unterwegs.
Nach kurzem Schwatz wieder rauf auf die Maschine, noch ein Stück der Heerstraße folgend und dann rechts abbiegen in Richtung Gomi und von dort aus nochmals rechts ab und über kleinere, jedoch fantastisch ausgebaute Straße hinein in die Ausläufer des Kaukasus. Ein erstes „Pässchen“, der Kreuzpass mit 1.000m begrüßt mich. Bei der Ortschaft Sachkere sehe ich rechts oben auf dem Berg die Festung Modinakhe und biege ab. Mein Interesse an alten Trümmern ist begrenzt, aber vom Standpunkt der Festung, die in Ruinen liegt, hat man einen bemerkenswrten Blick über die Stadt Sachkere weit in die Ebene hinein. Weiter geht’s in die Berge und entlang dem Fluss Kwirila führt die Straße in ein düsteres und enges Tal. Überland-Wasserleitungen begleiten mich rechts, völlig heruntergekommene ehemalige Fabrikgebäude links und alles in unfreundlichen staubgrau. Erste Seilbahnen queren die Straße und die frühe Abendsonne zeigt sich zwischen den Windungen der Staße. Ich erreiche Tschiatura, die Seilbahn Stadt. Am Stadtanfang ein Kreisverkehr und gleich dahinter mein Hotel. Alles halt einen Tick anders und einfacher, möglicherweise würden andere Touristen auch das Attribut „Heruntergekommen“ benutzen, und zwar nicht nur für das Hotel, sondern für die ganze, zwischen Felsen und Wäldern eingezwängte Stadt. Parkplätze gibt es laut Booking.com beim Hotel zwar, dabei handelt es sich jedoch um die Hauptstraße. Ich stelle meine vor einen PKW, in der Hoffnung, dass dieser einen eventuell auffahrenden LKW vor mir abkriegt und sichere mit meinem stabilen Eisenkettenschloss. Nun, ich bin wegen der Seilbahnen hierher gefahren und in der Tat, sie sind das öffentliche Verkehrsmittel, um von den Höhen in die Stadt bzw. zurück zu kommen, oder auch von einer Höhe zur anderen. Aber auch da hatte ich insofern wenig Glück, als die abenteuerlich anmutenden ehemaligen Seilbahnen, zumindest im Personenbereich stillgelegt wurden. Die neuen sind halt Seilbahnen, wobei der „Zentrale Seilbahnbahnhof“ mir 4 abgehenden Bahnen in unterschiedliche Richtungen schon etwas besonderes ist. Ein Video habe ich hier eingestellt, welches die Abfahrt von einer Bergstation zeigt. Die Kabine fährt erst mal bergan, um über ein Hausdach zu kommen, bevor der Abstieg ins Tal beginnt. Jedenfalls würde ich diese Stadt nicht zwingend für einen Besuch empfehlen. Der abendliche Bier-Plausch mit zwei Touristen aus Australien auf der Holzterrasse über der Hauptstrasse war nett und lachend verabschiedeten wir uns spät ins Bett.
Die Sonne lacht, zumindest kann man einen blauen Himmel sehen, wenn man den Kopf steil in den Nacken hält und nach oben schaut. Ich sattel auf und das Navi führt mich zunächst ein Stück die Straße zurück in Richtung Sachkhere. Plötzlich soll ich scharf links abbiegen. Wie in einer Spitzkehre biegt ein kitzekleines Sträßchen sehr steil ab, so schmal, dass bei der Begegnung zwischen Auto und Motorrad beide stehenbleiben. Ich vertraue kurviger.de und nachdem auch das Passieren zweier Dörfchen jedesmal eher Hofeinfahrten ähnelte und mir die Kids nahezu auf den Sturzbügeln saßen, habe ich Gelegenheit, die aparte Schönheit dieser Bergwelt zu genießen. Irgendwann stoße ich auf die 209, später die SN16, die mich nach Norden in den Kaukasus führen. Wow, jetzt wird’s wieder mal richtig gut. Super gut ausgebaute Straße, die ich ganz für mich alleine habe, immer bergauf bei herrlichem Sonnenschein schwingt die Maschine schier endlos vor sich hin. Und jetzt sehe ich sie vor mir. Da sind ja die schneebedeckten Berge im hohen Kaukasus. Wild windet sich die Straße mit 11% Steigung hoch zum 1.815m hohen Khikhati Pass.

Unten, im Tal des Rioni liegt rund 800m tiefer die Stadt Zudali, wo ich links abbiege, um dem Fluss zu folgen. Bizarre Felsformationen begrenzen den Weg und Wasserfälle spenden kühlendes Nass. Die Landschaft fasziniert und in der Region rund um den Lajanura See, der vom gleichnamigen Naturpark umgeben ist, fühle ich mich ein wenige wie in den Seealpen VIDEO
Ich verlasse das Tal, um über die nächste, nicht weniger schöne Bergkette des Kaukasus nach Lentekhi zu kommen. Auf einer schmalen Brücke überquere ich den Kheledula Fluss, um endgültig auf die Straße nach Uschguli zu kommen. Die Straße wird enger und etwas „rustikaler“. Meist bin ich mutterseelenallein in der Landschaft und diese rauhe, aber wirklich schöne Landschaft hinterlässt berührende Momente in mir. Kurz vor Tsana passiere ich einige Häuser und sehe ein paar Motorräder mit Georgischem Kennzeichen an der Seite einer Mauer stehen und darüber ein Schild „Guesthouse“. Sofortiger Stopp, absteigen und durch das eiserne Tor in einen wunderschönen Innenhof , in welchem es sich einige Biker bequem gemacht haben.
Es ist eine belgische Gruppe, die sich in Georgien von einem örtlichen Veranstalter Maschinen gemietet hat und mit diesen nun eine geführte Tour fahren. Sie kommen gerade von Uschguli herunter und meinen, die Straße sei durchaus fahrbar. Es ist eine nette Plauderei in diesem schönen Plätzchen und ein Salat samt Cola wecken auch meine Lebensgeister wieder etwas, die sich in der ganzen Sommerhitze schon etwas ermattet zur Ruhe begeben haben.
Die Idee mit der Erweckung der Lebensgeister war deshalb nicht schlecht, weil ich auf den letzen 40km über den 2.600 m hohen Zagaro Pass nach Uschguli etwas mehr Konzentration brauche. Viele Ausbesserungsstellen und Straßenbauarbeiten bremsen die Fahrt, aber im Großen und Ganzen alles kein Problem. VIDEO
Uschguli selbst verspricht meines persönlichen Erachtens in den Beschreibungen mehr, als es darstellt. Auf 2.200m Höhe gelegen ist es da höchste Dorf Europas, welches dauerhaft bewohnt ist. Und ich verstehe auch, dass es ein ideales Basislager ist, für alle, welche die Berregion rund um den dritthöchsten Berg Georgiens, den Schchara (5.068m) erwandern und besteigen wollen. Aber ansonsten? Die Wehrtürme sind von ihrer Geschichte und Verwendung her durchaus interessant, aber hat man einen gesehen, hat man alle gesehen. Und schon auf dem Weg hier hoch gab es etliche davon links und rechts der Straße. Trotzdem ein kurzer Exkurs zu diesen Wehrtürmen: Die Wehrtürme haben in der Regel drei bis fünf Stockwerke, wobei die Dicke der Wände abnimmt, was den Türmen ein schlankes, sich verjüngendes Profil verleiht. Die Häuser selbst sind meist zweistöckig; das Erdgeschoss ist eine einzige Halle mit offener Feuerstelle und Unterkünften für Mensch und Tier. Das Obergeschoss wurde von den Bewohnern genutzt und diente auch als Lager für Futter und Werkzeuge. Eine Tür ermöglichte den Zugang zum Turm. Die Türme dienten sowohl als Wohnhäuser als auch als Verteidigungsposten gegen die Eindringlinge, die die Region heimsuchten. Für mich insofern nicht ganz nachvollziehbar, da die Region Ober-Swanetien zum einen höchst abgelegen ist und zum anderen nun wirklich kein leichtes Leben verspricht, wer also soll Eroberungsgelüste in sich tragen? Die Fahrt zu meinem Tagesziel Mestia war unspektakulär, wenngleich die sommerlich-immergrüne Gebirgslandschaft mit den schneebedeckten Gipfeln schon eine besondere Kulisse darstellen.
In Mestia selbst fand ich Unterschlupf in einem sehr familiären Gasthaus. Die Tochter, die lange in England gelebt hat, fungierte als geschickte Übersetzerin und Hilfe, die Mama kochte umwerfend gut, wobei die Portion Knoblauch doch einiges an Bier benötigte, um neutralisiert zu werden. Die Nacht war rabenschwarz und total still und ließ so einen kitzekleinen Eindruck aufkeimen, wie sich wohl die Menschen vor hundert oder zweihundert Jahren bei dieser Finsterniss in der kolossalen Bergwelt fühlten.
Herrlicher Morgen, gutes Frühstück und ab geht’s in Richtung Kutaisi. Über diesen Streckenabschnitt gibt es nicht allzu viel zu erzählen, nur dass es durch eine wilde Berglandschaft stetig bergab ging. Ein Kurvenparadies, wenngleich mit starken Abstrichen, was die Straßenqualität angeht. Die Straße schlängelt sich am bewaldetetn Ufer des Enguri Reservoirs entlang, an dessen Ende das gewaltiges Monument der Energiegewinnung, die Enguri Staumauer mit ihren 271m Höhe wie ein Absperrriegel vor dem Tal steht. In Kutaisi wieder ein schönes Erlebnis der Hilfsbereitschaft. Das von mir gebuchte Hotel war geschlossen. Ein Zettel an der Tür verwies auf eine Telefonnummer. Mein Handy wollte sich partout nicht ins Netz einwählen, aber ein Anwohner hat es mit seinem Handy versucht, jedoch ohne, dass sich am anderen Ende jemand gemeldet hat. Also unsicheres Umherfahren, um irgenwo Netz zu erhalten und über Booking.com, welches mir die Reservierung ja bestätigt hatte, weiter zu kommen. So steuerte ich eine Tankstelle an, um den dortigen Tankwart zu bitten, sein WLAN nutzen zu können. Dies wurde mir unter Hinweis auf die „Company rules“ verweigert, was eine Dame mitbekommen hat, die spontan auf mich zukam und Hilfe anbot. Sie versuchte nochmals diese Telefonnummer anzurufen, die am Hoteleingang auf dem Zettel stand. Und siehe da, ein Mann meldete sich, der angab, das Hotel sei geschlossen und eine Reservierung könne es nicht geben. Nun denn, nachdem mir die Dame dies übersetzt hatte, bot sie sich an, mit mir ein Hotel zu suchen, benannte ein ihr bekanntes und fuhr mir voraus bis zur entsprechenden Adresse. Ein Glücktreffer, gutes Hotel, netter motorradaffiner Student an der Rezeption und alles war gut. Mit einem herzlichen Dankeschön verabschiedete ich mich. In Kutaisi wollte ich unbedingt Khinkali probieren. Dabei handelt es sich um Teigtaschen, traditionell mit gewürztem Fleisch gefüllt, aber auch Varianten mit Pilzen oder Kartoffeln sind erhältlich. Ein absolute lokale Spezialität. Ich fragte den Rezeptionisten nach einem entsprechenden Lokal und nachdem ich seine eindringliche Frage, ob ich auch ein Lokal besuchen würde, das so gut wie nur von Einheimischen besucht werde, mit einem deutlich JA beantwortet hatte, zeigte er mir über Google Maps den Weg. Das Lokal lag in der Tat etwas abseits der großen Straßen und ich bekam so einen Einblick in lokale, nicht immer makellose Infrakstruktur der Stadt. Aber die Khinkali waren traumhaft, das Lokal voller Leben, die Geräuschkulisse schwankte zwischen lauter Unterhaltung auf aufflammenden Gesängen.
Ich bestellte eine Mischung aus fleischgefüllten und pilzgefüllten Khinkali, dazu ein gutes Bier vom Fass und genoss diesen Abend, fernab von jeglichem Tourirummel.

Der nächste Tag war fahrtechnisch stinklangweilig, da ich schlichtweg die Autobahn nach Batumi nehmen musste, um irgendwie in meinem Zeitplan zu bleiben.


Batumi: Eine Mischung aus atemberaubender moderner Architektur und heimeliger Altstadt, das ganze garniert mit kilometerlangen Uferpromenaden und nicht weniger langem Kiesstrand. Zunächst war ich erschlagen von dem Auflauf, der sich rund um den Eingang des Apartementhauses, in welchem in ein Appertement gebucht hatte, ausdehnte. Ein wahnsinns Gewusel und schnell wurde mir klar, dass hier nicht die Gäste aus Fernost die Mehrheit bilden, sondern russische Touristen, für welche die Ukraine noch billiges Urlaubsland ist. Leider sind nicht alle in guten bzw. akzeptablen Umgangsformen geschult und sie haben eine Art, Mitarbeiter zu behandeln, die nun ganz und gar nicht die meine ist. Am späten Nachmittag mache ich mich zu einem ersten Erkundungsrundgang über die Promenaden auf. Die am dichtesten an dem, mich nun absolut nicht lockenden, Kies- und Steinstrand liegende, glich eher einem Jahrmarkt. Buden und Stände mit Spiel- und Strandaccessoires wechselten sich mit Ausleihstationen für E-Roller und allerlei sonstigem Fahrgerät ab. Und gefahren wird auf den Uferpromenaden wie auf Russlands Straßen, d.h. der Stärkere bzw. der mit den besseren Nerven und der Rücksichtloseste haben Vorfahrt. Kinder müssen auf sich selbst aufpassen und werden, kommen sie nicht schnell genug aus der Fahrlinie, übel beschimpft. Die zwei bis drei parallel laufenden Promenaden sind durch parkähnliche Grünanlagen voneinander getrennt und an den Plätzen, wo sie zusammentreffen, findet man Restaurants. Eines läd mich mit seiner Terrasse ein und ich genieße ein Chatschapuri (eine Art Brotteig, nach oben offen, gefüllt mit mit Sulguni-Käse und einem Spiegelei on top). Dazu ein grüner Salat und völlig andere Preise, als im Landesinneren. Dann zieht es mich in die abendliche Licht- und Glitzerwelt. Alles blinkt und tutet, leuchtet und bewegt sich, die Hotels sind illuminiert und strahlen in den buntesten Farben. Mir ist das ein bisschen zuviel und ich verkrümele mich ins Appartement, zumal ich morgen einen strammen Besichtigungstag vor mir habe.
In direkter Umgebung vor dem Eingang des riesigen Appartementblocks haben sich etliche Kisoke und kleine Restaurants niedergelassen. Ich gönne mir einen schwarzen Kaffee und ein Chirbuli (Rührei mit Tomaten, Zwiebeln, Knoblauch, Walnüssen und Kräutern), um gut gerüstet in meinen Besichtigungstag zu starten. Die Promenaden sind noch leer und ich wollte mich zu einem Spaziergang in die Altstadt aufmachen. Na ja, Spaziergang ist gut, die Promenadenwege am Ufer des schwarzen Meeres entlang sind rund 5km lang, bis ich von meinem Standort aus zum Hafenzentrum komme. Unterwegs passiere ich eine Reihe gigantischer Hotels und extremer Architektur. Das berühmte Skulpturen Duo „Ali und Nino“, die eine tragische Liebesgeschichte zwischen einer christlichen Georgierin und einem muslimischen Aserbaidschaner symbolisieren (Kurzer Exkurs: Ein sehr lesenswertes Werk ist: „Kauskasische Tage“ von Banine. Geboren 1905 in Baku aus einer wohlhabenden Familie stammend und im Alter von 15 Jahren gegen ihren Willen verheiratet. Sie beschreibt ihre Kindheit und Jugend in Baku sowie die kulturellen Spannungen zwischen Orient und Okzident und ihren Weg zur Selbstbestimmung). Aber zurück zum Hafen von Batumi. Zwischenzeitlich ist es brütend heiß geworden und ich suche in den engen und baumbestanden Gassen der Altstadt Abkühlung.
Ohne Ziel lasse ich mich durch die Straßen und Gassen treiben, passiere den Piazza Square und lasse mich an der einen oder anderen Stelle auf einen kühlen Drink nieder. Alledings mache ich einen großen Bogen um den Kwas Ausschank aus dem am Bordstein aufgestellten Metalltank (obergäriges Getränk aus Roggenbrot bzw. Roggenmehl. Es hat einen leicht süß-sauren Geschmack). Das Getränk kenne ich seit 1971, meinem ersten Russlandbesuch, und habe es seitdem aus meiner Empfehlungsdatei streng gestrichen. Das Leben in Batumi pulst, ist quirrlig und bunt. Geprägt von einer Vielzahl unterschiedlicher Nationen und Glaubensrichtungen sehe ich christlich orthodoxe und muslimische Symbole und Kirchen in friedlicher Eintracht. Die russischen Touristen erkennt man auch sofort (aua, das ist jetzt böse). Sie starkes Make Up mit Botox Lippen, Er Adidas Hose. Anyway, es war ein beeindruckender Sightseeing Tag, den ich ermattet in einem georgischen Restaurant ausklingen lasse.
Nachdem Check Out und dem Verstauen meines Gepäcks bieten sich einige Taxifahrer an, ihre Karossen zur Seite zufahren, damit ich ausparken kann. Aber zunächst gönne ich mir wieder einen schwarzen Kaffee und ein Chirbuli, das ich von gestern her noch in absolut guter Erinnerung hatte. Bei meiner Rückkehr zum Apartementhotel, hatte sich der Taxistau schon etwas aufgelöst, so dass nur noch ein Wagen rangieren musste und ich konnte los. An einer der unzähligen Tankstellen noch ein kurzer Stopp und das preiswerte georgische Benzin tanken und dann ab zur Grenze. Mit großer, großer Freude erinnere ich mich an unsere gute EU mit dem Schengenabkommen. Natürlich stehe ich wieder 1 Stunde an der Grenze, bevor ich die Sicherheitskontrollen, wobei sich die speziellen türkischen Kontrollen schon ein wenig an bestimmte Oststaaten zu orientieren scheinen, durchlaufen habe und anschließend geht die Straße Richtung Hopa direkt am Meer entlang. In Hopa passiere ich einen ca. 2km langen LKW Stau bevor ich mich nach rechts auf die Hochbrücke in Richtung Erzurum bewege. Ein kurzer, etwas wehmütiger Blick auf das Schwarze Meer und der Statverkehr schluckt mich. Die D010 zieht sich schier endlos durch die Häuserschluchten die irgendwann von Fabriken und Produktionsstätten abgelöste werden, dann folgen kleine Geschäfte und Kisoke und endlich weicht der Beton dem Grün der Berge und die Maschine kann wieder jubelnd die Kurven genießen. Bei Borca habe ich schon wieder 700m Höhe erreicht und treffe auf den Fluss Coruh. Klar, wo in diesem Gebiet ein Fluss ist, steht auch irgendwo eine Staumauer und wo sich Staumauern befinden, gibt es jede Menge Tunnel. Trotzdem, die Straße fährt sich zügig und schnell, das Grün wird etwas spärlicher und nach rund 55km erreiche ich den Talkessel von Artvin, diesmal von der anderen Seite. Der Streckenabschnitt bis nach Sebzeciler war mir durch die Herfahrt bereits bekannt und ich war froh, dass bei Uzundere der rote Fels immer mehr erfrischendem Grün und der Landwirtschaft wich. Inzwischen bin ich wieder auf der Bundesstraße D950, die streckenweise nahezu autobahnähnlich ausgebaut ist und nähere mich Erzurum.
Die Weite und die gutausgebaute Straße täuschen ein wenig darüber hinweg, dass ich stetig bergauf fahre und bei Tortum bereits auf 1.800m Höhe angekommen bin und mich bis Erzurum in einer gigantischen Hochebene bewege. Erzurum selbst ist bei weitem nicht so spektakulär, wie man es aufgrund seiner Geschichte und seinem wichtigen Standort an der Seidenstraße vermuten könnte. Die Madrasa Moschee mit den zwei Türmen, Ulu Cami ist auch interessant, aber heutzutage ist es eine Universitätsstadt mit rund 40.000 Studenten und, was man auch so nicht vermutet, die Pforte zu einem der besten Skigebiete der Türkei. Ich kämpfe mich durch die Stadt, wobei ich Schwierigkeiten habe, das Hotel zu finden. Die Straße fand kurviger.de sofort, aber diese Straße teilt sich und die Adresse des Hotels stimmte nicht ganz. Dafür bekam ich jedoch noch ein illustres Schauspiel geboten, als ich gerade beim Absatteln war. Plötzlich tauchten von zwei Seiten drei schnellfahrende Autos auf, zwei aus meiner Richtung, einer kam entgegen. Auf meiner Höhe kamen alle zum Stehen, aus zwei der Wagen sprangen Männer mit roten Armbinden und rissen die Tür des dritten Autos auf und zerrten den Fahrer auf die Straße. Sehr nett waren sie nicht zu ihm und auf meine Frage bei der überaus freundlichen Rezeptionistin nach dem Thema Sicherheit für mein Motorrad lächelte sie nur und meinte, dass da draußen sei die Polizei und mein Motorrad sei sehr sicher.

Die Fahrt von Erzurum auf derE80 bis zur Abzweigung auf die D885 nach Püllümür erspare ich euch. Nach Erzurum rein durchquerte ich die „Automeile“ aus Erzurum raus die „Möbelgeschäft-Meile“, am Ende noch eine Polizeikontrolle und das wars dann. Durch die anatolische Hochebene führt eine vierspurige Autobahn und links und rechts weit nach hinten versetzt, sieht man steinige, baum- und strauchlose Berge. Zwischendurch sehe ich große Sonnenblumen Felder, wobei die heute Morgen natürlich alle noch ihre Köpfe hängen lassen, da die Sonne sich noch hinter einer Wolkenschicht versteckt. Kurz nach der Abzweigung die nächste, in der Türkei so vielfachen Polizeikontrollen, aber die waren freundlich und friedlich. Was dann folgt ist eine herrliche Bergstrecke mit ausgebauten Kurven , die sich an einigen Abschnitten wie Perlen auf einer Schnur aneinander reihen. Großartiger Fahrgenuss. Ca. 30km vor Tunceli wird die Straße enger und verläuft parallel zum Püllümür Fluss. Wieder ein klein wenig Seealpen-Feeling, rechts die Steinflanke des Beges, links der Fluss, dazwischen immer sattes Grün und etliche einfache Tunnel. Dann weicht der Fels und die D885 verläuft in einem grünen Tal, begleitet vom türkisfarbenen Fluss, der mich anlacht und anmacht, in der Hitze des Mittags eine Pause zu machen. Am Straßenrand an Restaurant mit einigen Sitzplätzen, die auf im Wasser liegenden Gesteinsbrocken errichtet wurden und über einen Holzsteg erreichbar sind. Versehen mit einem Schattendach ist die Hitze durch die Kühle des Flusses und den leichten Wind erträglich und bei einem guten Mittagessen halte ich mich hier viel zu lange auf.
Ich habe noch rund 200km vor mir, wobei die Gebrigslandschaft in der nördlichen Region Tunceli sich bis u 3.300m erhebt. Die steinige Landschaft lässt überwiegend Sträucher wachsen und die Hitze drückt trotz des eher bedeckten Himmels. Auf den Straßen bin ich ziemlich einsam unterwegs, so gut wie kein Verkehr außerhalb der Dörfer, die alle ziemlich klein sind und etwas von einer strukturarmen Region in sich tragen. Die Verkehrsführung richtet sich ausschließlich nach dem Gelände. Entsprechend kurvig geht’s zur Sache, insbesondere der Abstieg zwischen Dedebeyli und Akcayurt, der bis nahezu an den Fluss Karasu (auch Westlicher Euphrat genannt) führt, lässt den Adrenalinspiegel leicht ansteigen. Und richtig wild wird es dann nochmals nach dem kleinen Dörfchen Kutluca, als sich die Straße in vielen Kehren und Serpentinen hinunter zum Euphrat [VIDEO] schlängelt, um dort an einer der Engstellen des Flusses über deine einspurige Stahlbrücke den Euphrat (eigentlich Karasu) zu überqueren. Hier endet die Straße 2456 und mündet in die D877, die mich nach Kemalyie trägt.
Die Stadt selbst ist nicht aufregend. Bekannt jedoch durch die Archtiektur ihrer Häuser, die jedoch nur noch in der Stadtmitte und am Ortsausgang zu sehen sind. Die Häuser in Kemaliye wurden hauptsächlich so gebaut, dass zunächst ein Fundament aus Holzbalken und Bruchsteinen errichtet wird, bevor es nach oben erweitert wird. Die Außenseite der Holzrahmenwand ist mit 15-30 cm breiten Kiefernholzbalken, sogenannten Ausrichtungshölzern, versehen. Einige davon sind im Video über die Fahrt durch den „Dark Canyon“ zu sehen.
Kemaliye liegt mitten in den Munzur-Bergen, die sich von Elazig bis Erzincan in Nord-Süd-Richtung erstrecken und bis zu 3.000 Meter über dem Meeresspiegel aufragen. Der Karasu-Fluss, der längste Fluss in Südwestasien, hat durch die Teilung dieser Berge mehrere Täler geschaffen, von denen eines das sogenannte Kemaliye-Tal ist. Die Karanlik-Schlucht, die von den Dörfern Bağıştaş bis Dutluca (Kemaliye) verläuft, ist ein Abschnitt des Tals und wird oft als „düsterer Ort“ angesehen. Diese Schlucht ist bis zu 1.000m tief und an manchen Stellen eine Talsohlenbreite von 10-15 Metern.
Die Einheimischen haben im Jahr 1870 mit antiken Techniken den Taş Yol (Der Steinweg) durch die Karanlik-Schlucht errichtet, um Karawanen über das zentrale Anatolien nach Giresun Port zu verbinden. Die Straße erstreckt sich über 7 Kilometer und verfügt über 38 Tunnel in Höhen von 400 bis 500 Metern.
Ich lese das noch am Abend und es löst in mir so ein erwartungsvolles Gefühl aus, spannend und aufregend und ich erwache schon früh am Morgen unter einem strahlend blauen Himmel. Der Dark Canyon erwarten mich.
Ein Morgen wie gemalt, unter himmelblauer Decke, die kein Wölkchen dekoriert, verlasse ich Kemalyie in einem engen Tal, links und rechts die Berge, die den Karasu begleiten. Darüber kommt gerade die Sonne hoch und ihre schon warmen Strahlen legen sich über die ganze Szenerie. Das ist wieder mal richtig großes Kino. Nach wenigen Kilometern biegt die Straße rechts über eine Brücke, aber meine Strecke zweigt links ab in einen Tunnel, der einem finsteren Schlund ähnelt.
Bange machen gilt nicht, Kupplung kommen lassen, Gas geben und rein in das Loch. Und auch in diesem Falle gilt, dass meistens die Suppe nicht so heiß gegessen wird, wie sie gekocht wurde. Im wahrsten Sinn des Wortes leuchtet mir nach wenigen 100m am Ende des Tunnels Tageslicht entgegen. Nicht, dass ich mich in einem finsteren Tunnel fürchte, aber diese Schotterpiste ist so uneben und zerfurcht, dass ich immer ein bisschen Bammel habe, auf einmal in ein richtiges Loch zu fahren und meiner Felge Ambulanzdienste erweisen muss. Aber alles gut. Die Schotterpiste ist OK, der Weg in den Stein gemeißelt bietet oftmals fantastishe Ausblicke in den unter mir in tiefem türkis schimmernden westlichen Euphrat. Nur nicht zu lange schauen. Etliche der Tunnel verfügen über „Fenster“, d.h. Ausbuchtungen direkt zum Fluss, wo man auch sein Motorrad abstellen kann und raus- bzw. runterschauen. Im Video (30 Minuten) sieht man das ganz gut. Und allen markanten Aussagen über die „Gefährlichkeit“ der Strecke zum Trotz behaupte ich, diese 8km kann man prima fahren, da muss man auch kein Enduro Fahrer sein. Hilfreich ist es schon, wenn man nicht erst gestern den Führerschein gemacht hat, aber ich bin auch sicher, dass mein lieber Freund Steff mit seiner K1600 hier mühelos durchkommt. Manchmal ist es eng und wenn einer entgegenkommt, muss man halt ausweichen, im Zweifel anhalten. Für viel gefährlicher als die eigentliche Straße halte ich das Zusammenspiel von landschaftlich irrer Umgebung und faszinierenden Felsformationen mit dem Verlangen den Blick nach unten in das Tal und in die Fluten des Karasu zu werfen. Mehrmals halte ich an und genieße diese Augenblicke in einer seit Jahrtausenden unveränderten Landschaft, welche durch die ungebändigte Kraft des Wasser geprägt wurde.
Am Ende der Schlucht trennt sich mein Weg und der Fluss. Ich fahre jetzt auf der Hochebene, um genauer zu sein es ist eine hochgelegene Landschaft auf ca. 1.600m Höhe, die durchsetzt ist mit kleinen Hügeln und Tälern, die ein andauerndes Auf und Ab und kurvige Fahrt bieten. In diesen bergigen Regionen wird das größte Eisenerzvorkommen der Türkei abgebaut und manchmal sieht man die riesigen Furchen, welche der Abbau in der Landschaft hinterlassen hat. Es ist eine kleine Straße nicht sehr breit. Ich habe große Mühe, und es gelingt mithilfe des LKW-Fahrers den Transport eines Riesenbaggers, der die ganze Straßenbreite einnimmt, zu passieren. Ansonsten kein Verkehr, ich glaube 5 Autos in zwei Stunden Fahrt durch traumhaft Landschaften. Die Häuser, welche hie und da in der Region stehen, sind eher in einem bedauernswerten Zustand, also der Reichtum scheint hier in der Ecke wirklich nicht zu Hause zu sein. Nach zweieinhalb Stunden erreich ich in Sivas die D200 und mache mich auf die letzte Etappe des Tages nach Sorgun. VIDEO
Es gibt da noch so eine Besonderheit. Die Hauptstraße führt in der Regel immer durch Dörfer hindurch, und zwar vierspurig und die bestehende Geschwindigkeitsbegrenzung scheint den Verkehrsteilnehmern völlig wurscht zu sein. Und um auf die andere Straßenseite zu kommen, sind diese Stadtautobahnen mit Fußgängerbrücken bestückt. Auffallend ist jedoch, dass ich bisher nur in einem einzigen Fall in der ganzen Türkei gesehen habe, dass irgend eine Schiene für Kinderwagen vorhanden ist, von einer Rollstuhlhilfe ganz zu schweigen.
Die nächsten drei Tage schenke ich mir, denn das jeweilige Tagesmotto heißt „Strecke machen“. Von Sorgun nach Corlu sind es 877 km. Corlu liegt ca. 140km von der türkischen Grenze nach Bulgarien und ist damit günstig für die nächste Etappe nach Nis in Serbien gelegen (620km). Am dritten Heimfahrtag hatte ich mir ein kleines Hotel in Vrhnika (800km) südlich von Ljublijana ausgesucht, da dies mein Startpunkt sein sollte, um über den Vrsic Pass nach Villach und weiter nach Süddeutschland zu fahren. Aber wie es halt so ist, der Fahrer denkt und das Wetter lenkt.
Kurz vor Ljublijana Starkregen, der bis nach Vrhnika anhielt. Rein ins Hotel heiß gedusch (zum unterwegs etwas anderes anziehen, war ich zu faul und so einfach durch und durch kalt). Dann eine heiße Leberknödelsuppe und danach ein Riesenteller Gulasch mit Schwarzbrot, sowie das eine oder andere Bier und alles war wieder gut – vorläufig. Wir schrieben den 12. September 2024 und über den Alpen im ganzen slowenisch/österreichischen Raum tobte der Bär. Im slowenischen TV wurde spekuliert, ob sowohl der Vrsic, als auch andere Bergpässe gesperrt werden würde, was mich spontan bewog, meine Reiseroute zu ändern und auf der Autobahn zu bleiben und über Villach/Salzburg nach Süddeutschlan zu fahren.
Am Morgen im Hof des Hotels traf ich auf eine illustre Schar von Bikern, die alle damit bemüht waren, sich bei strömendem Regen wasserfestes Zeug anzuziehen. Auch ich streifte die Regenhose über die Jeans, zoge meine Regenjacke über die Motorradjacke (beides Gott sei Dank leicht) und schlüpfte in Überzieher für die Stiefel. Meine Handschuhe tauschte ich gegen sehr feine und leichte Wollhandschuhe und darüber die unterarmlangen Gummi-Arbeitshandschuhe. Mit denen habe ich ein einziges Problem, und zwar streife ich ein Gummi über den Unterarm und halte somit den Schaft fest und die Handschuhe rutschen nicht und alles bleibt dicht. Das schaffe ich aber nur mit einem Handschuh, denn, habe ich den an, scheint meine Feinmotorik gestört und ich kriege das mit dem anderen Handschuh nicht hin. Eine nette schweizer Motorradkollegin half aus und ab gings in die Regenschlacht.
Um es kurz zu machen, ich hatte eine Verabredung mit Anett, welche mich mit ihrer ganzen Pracht freudig empfing. Hinter dem schönen Namen verbarg sich das Mittelmeertief, welches zwischen dem 12. und 16. September 2024 mit Niederschlägen nicht geizte ( Berchtesgadener Land 262 Liter pro m2) und bis zu 2 m Neuschnee in den Bergen. Das bedeutete ab Villach 2° und Dauerregen. Um die Fahrt nicht allzu eintönig werden zu lassen, gesellte sich ab der Raststätte Tauernalm Schnee dazu, der sich auf der Straße in einen unangenehmen Schneematsch wandelte. Hey, das war cool, im wahrsten Sinn des Wortes. Nach Salzburg wurde es besser, d.h. nicht Sonnenschein oder so etwas, sondern nur ein Wechsel von Starkregen zu Regen. Bis Pörnbach, mein Übernachtungsort kurz vor Nürnberg goß ist ununterbrochen.
Mit triefnasser Regenkleidung stapfte ich zu Rezeption und wurde nicht nur freundlichst empfangen, sondern die Chefin teilte mir sofort ein Motorradgarage zu, in welcher eine weitere BMW aus Finnland stand und zwei Enduros (unsere, meinte die Chefin). Dusche, Abendessen und mit der leisen Hoffnung in die Kiste, dass der Wettergott ein Einsehen habe. Hatte er dann auch streckenweise. Am nächsten Tag hörte bei Geiselwind der Regen auf, ich entpackte mich aus dem ganzen Regenzeug, wobei ich allerdings die Winterhandschuhe anließ und machte mich auf den Heimweg nach Hamburg.
Zugegeben, es hätte einen angenehmeren Abschied von dieser Tour geben können, aber ich bin trotzdem mit dieser Reise so etwas von glücklich und zufrieden, es war nur schön und meine Eindruckskiste im Hirn ist bis zum Überlaufen voll.
Danke, wenn ihr tatsächlich bis hierher durchgehalten habt.
Steff
Mair die Grenzprozedur hätten wir seinerzeit zwischen SK und UA genauso abziehen sollen,manchmal erweist sich die Mischung aus guter Erziehung und Feigheit als recht hinderlich