Auch die Shangri-la umgebende Hochebene dieser sagenumwobenen Stadt ist von einer üppigen Vegetation geprägt, wobei immer wieder erstaunt, dass bei dieser an Gemüsen so reichen Landwirtschaft alles noch total von Hand funktioniert. Jede Zwiebel wird sozusagen von Hand gestochen. In Shangri-la selbst war es bitterkalt. Die auf 3.000 m gelegene Stadt macht zunächst bei der Einfahrt den gleichen Eindruck wie alle anderen chinesischen Regionalstädte, in welche man bei nachmittäglichem Sonnenschein einfährt. Aber man darf an dieser Stelle nicht vergessen, dass 3.000 m Höhe ein eigenes Wetter prägt.

Die Rezeption im „Kühlschrank“

Scheint tagsüber die Sonne, ist es zum Teil heiß aber sobald die Sonne untergeht stürzen die Temperaturen ab. Unser Hotel war überaus luxuriös und mit allem Komfort ausgestattet jedoch scheint die Hotelleitung die Raum-temperaturen von Lobby und der Rezeption immer auf die heißeste Mittagszeit einzustellen. Also wir kamen gefühlt in einem Kühlschrank an und „bibberten“ erstmal.

Shangri-la ist durchaus sehenswert. Alle alten Holzhäuser der Altstadt sind wieder errichtet und die Touristenströme ziehen zuhauf durch. Trotzdem lohnt sich ein Besuch und ein Bummel durch die engen Gassen der Altstadt. Natürlich müssen wir die größte Gebetsmühle der Welt besuchen, wobei uns der Aufstieg wieder tüchtig keuchen lässt. Der verwegene Versuch einiger unserer Mitfahrer/innen, die Mühle einfach so alleine zu drehen, endete im Desaster. Aber hilfsbereite Tibeter sprangen herbei und wenn dann mal so 20 Menschen die Gebetsmühle drehen, bewegt sie sich auch. Bei dieser Anstrengung fielen mir spontan  die Pyramidenbauer von Mexiko bis Ägypten ein, oder auch die alten Stonehenge Erichter.  Die mussten ganz schön geschuftet haben, um etwas zu bewegen.

Am Abend ging‘s in die historische Altstadt und wir genossen in einem Restaurant einen so genannten Tibetanischen Hotpot. Das war das allererste Mal in China das ich zu dem Schluss kam, das muss man nicht haben.

Am nächsten Tag ein kurzer Ausritt in eine etwas höhere gelegene Region bei Shangri-la wobei wir allerdings dann in die Situation kamen, dass wir bei der Straße, die wir genommen hatten, den „point of no return“ bereits überschritten hatten und dann vor einer großen Wasserfläche standen, welche die Straße bedeckte.  Der See war schlichtweg über die Ufer getreten und die Diskussion mit den Einheimischen ergab, dass zumindest PKW’s eigentlich nicht durchfahren können. Versuch macht klug und wir wollten es einfach mal probieren. Gesagt getan und Peter, einer unserer erfahrensten Offroadpiloten setzte sich an die Spitze der Bewegung. Wir schickten alle ein Stoßgebet zum Himmel, dass er auf der anderen Seite auch ankommt, waren allerdings auch bereit, ihm gegebenenfalls zu Fuß zu folgen und ihn aus dem nassen Element zu ziehen. Was wir jedenfalls nicht wollten, dass er am Ende der Wassertour mausetot im See liegt, wie dies einige Yaks vorher taten. Insgesamt haben wir drei tote Yaks und ein totes Schwein gezählt, die offensichtlich von den Fluten überrascht wurden und im See ertrunken sind. Auch der  jämmerliche Gestank schien keinen zu stören und die Frage blieb offen, wer sich um diese Viecher kümmert, wenn das Wasser zurückfließt. Wie auch immer, unser Versuchskaninchen kam gut drüben an und so setze sich einer nach dem anderen in Bewegung, um mit den Maschinen durch das nasse Element zu fahren. Am Ende des Tages waren wir alle, bis hinauf zu den Knien, triefend bis auf die Haut nass, aber das hat dem Spaß keinen Abbruch getan und so kamen wir wohlbehalten wieder in Shangri-la an.

Von Shangri-la geht es kurz am Mekong entlang und dann durch das Grasland, auf rund 3.000m immer noch ein wenig frisch und dann geht’s abwärts. Weit über 1.000m Höhenunterschied zum Shangri-la Plateau und wir kommen im subtropischen Klima der Region Weixi an.   Unterwegs haben wir 60 km auf einer Straße hinter uns, die unsere gesamte Fahr-Leidenschaft stillt. Was für eine unglaubliche Herausforderung, die deshalb fantastisch ist, weil wir „bei uns“ möglicherweise mal 10 km  bis 15 km solcher Kurvenstrecken am Stück vorfinden. Zwischendurch Mittagspause und wir sitzen in einem der typischen kleinen Restaurants an der Straße in einem kleinen Dorf und Tashi bestellt wie üblich das Mittagessen. Überraschend übrigens, dass es eigentlich immer das gleiche gibt, Fleisch, Gemüse und Reis und es doch überall völlig anders schmeckt. Bedauerlicherweise können nicht alle am Essen teilnehmen,

Mr. Jang , der Mechaniker sowie Anze wechseln stattdessen so mal kurz am Straßenrand das hintere Achslager einer der Maschinen. Ein irrer Typ ist dieser Mechaniker, nicht nur dass er Motorrad fährt wie der Teufel, er lacht und ist immer gut drauf und, vor allem, jeder seiner Handgriffe sitzt, wobei die Geschwindigkeit, mit der Jang arbeitet unglaublich ist. Und auch kein langes Getöse sondern kurz Hinschauen, Fehler identifizieren, Werkzeug zur Hand nehmen und los geht’s. Ein Glück, nicht nur für Tibetmoto, sondern für alle Teilnehmer, dass uns Tashi, Anze und Jang begleiten und die Truppe von Hendrik geführt und von Tiziana zusammen gehalten wird.

An einem wolkenverhangenen Tag starten wir und folgen zunächst einem kleinen Fluss bis zur großen Brücke über den Mekong. Wir folgen dem Mekong in Richtung Norden und sehen die ersten Ausläufer der schneebedeckten Himalayagebirges vor uns. Doch noch fahren wir im Tal und man kann erkennen dass es Reis- und andere Terrassenfelder gibt, die bis ins Wasser hineinragen. Der Grund dafür ist ein großer Staudamm, der neu gebaut wurde und den Wasserpegel um ca. 8 m ansteigen ließ, was bedeutet, dass die Terrassenfelder der Bauern größtenteils überflutet wurden und auch die Häuser, die hier ursprünglich standen, sind in den Fluten verschwunden. Von diesen Häusern sieht man nichts mehr. Traditionsgemäß mit Wänden aus Lehm und Stroh gebaut, waren diese Gebäude mit ca. eineinhalb Meter dicken Wänden sozusagen fest mit der Erde verbunden und, sofern sich die Erde bewegt, was bei den dort auftretenden Erdbeben eben vorkommt, bewegen sich diese Art von Häusern mit.  Außerdem bietet die Stroh- und Lehmbauweise ein ausgezeichnetes Klima in den Innenräumen. Die chinesische Regierung hat für die Bevölkerung, die aus ihren Häusern weichen mussten, sogenannte Depothäuser aus Beton gebaut. Wir würden von Reihenhaussiedlung sprechen, die allerdings zum großen Teil leer stehen, da die in dieser Region lebenden Menschen diese Art von Häusern nicht bewohnen wollen. Außerdem ist das Miteinander und das Haus eine sehr wichtige Sache für viele Familien, was soweit führt, dass es keinen Familiennamen gibt, sondern das Haus hat einen Namen (Kleine Diskussion in der Gruppe folgte sofort, ja, das sei halt China, da würde von oben herunter bestimmt und die Menschen hätten nichts zu melden und deren Bedürfnisse egal. Unabhängig davon, ob dies so stimmt oder nicht, erinnere ich an Deutschland und den Braunkohletagebau, der von privaten Unternehmen betrieben wird und dem reihenweise ganze Dörfer geopfert wurden, wo es Umsiedlungen in großem Maße gab und wo man einen Wald heute noch roden will, obwohl es absehbar ist, dass die Grube geschlossen wird. Das Glashaus und die Steine.). In unmittelbarer Umgebung dieser „Mondsiedlung“ treffen wir auf ein weiteres interessantes Detail.

Inmitten des Mekong Tals steht eine uralte katholische Kirche, die heute auch wieder tatsächlich als katholische Kirche genutzt wird. Die besondere Art des tibetanischen Katholizismus bedeutet nun aber keinesfalls, dass die Menschen auf ihre Gebetsfahnen und etliche andere Dinge verzichten, sondern es bildete sich eine Kombination aus beiden heraus, die sich auch offensichtlich nicht gegenseitig im Wege stehen und ein gutes Miteinander führen.  Ein Schelm, der nun denkt, die dicht bei der Kirche angelegten und tragenden Weinstöcke hätten das ihre dazu beigetragen.

Das immer enger werdende Tal schlängelt sich langsam hoch in Richtung Himalaya Gebirge d.h. wir beschränken uns bei der Tour auf die Ausläufer des Ursprungsgebietes des Mekong. Drei der größten asiatischen Flüsse – der Yangtze, der Mekong und der Saluen – haben in diesem Gebiet ihren Ursprung und fließen nahezu parallel und von hohen Bergketten voneinander getrennt nebeneinander her. Am Ende des Tages fahren wir über eine überaus interessante kurze Off-Road-Strecke. Es geht zunächst 15 km steil auf einer asphaltierten Straße bergauf immer den Mekong links von uns liegen lassend und mit fantastischen Ausblicken, um dann aber links abzubiegen und sich auf eine Off-Road Strecke, die zu einem kleinen tibetanischen Bergdorf führt, zu begeben. Jetzt heißt es, die langsame Fahrt beizubehalten,

in den Kehren den Po mal hochzuheben und entgegen der Fahrtrichtung zu drehen und sich nicht vom phantastischen Ausblick einlullen zu lassen.  Die zum Teil durchaus steile „Natur-Strecke“ ist wirklich nicht gefährlich aber bedarf der Aufmerksamkeit

Es ging alles gut, jedoch hat es bei dem einen oder anderen hier und da ein paar Nerven gebraucht, aber das was uns erwartete war aller Mühen wert. Unten angekommen wartete ein unvergessliches Erlebnis auf uns. Die ganze Truppe war dank unseres Tibetmoto Organisators Hendrik eingeladen, in dem Haus einer tibetanischen Familie zu nächtigen.  Ein Erlebnis pur. Das Haus liegt am Hang und ungefähr auf der mittleren Ebene ist der Eingang, d.h. es führt zunächst eine Treppe ein paar Stufen hinunter. Dann erfolgt eine Zweiteilung dergestalt, dass  ein Treppenteil links nach oben abbiegt und der andere Teil nach unten führt. Wer welche Treppe nimmt ist ziemlich einfach. Die Menschen gehen nach oben, die Kühe und Schweine und alles was bellt, miaut oder kräht nehmen den Zugang nach unten. Oben angekommen  schauen wir dann von einer höheren Ebene hinunter zu den Tieren, die allesamt im Innenhof versammelt sind.  Das Haus selbst ist weiß getüncht und die gemalten Fensterrahmen rufen einen harmonischen und schönen Eindruck hervor.  Aber überwältigend war der Innenraum. Als wir das Haus betraten blieb den meisten von uns die Spucke weg. Poliertes Holz, überaus reich mit Intarsien verziert sowie Schnitzereien über die ganze Wand verteilt, ließen uns staunen. An der langen Wand entlang standen geschnitzte Holzbänke mit Decken und Kissen bedeckt und kniehohe Tische. Und dieser so wohltuende und einnehmende Eindruck wurde noch getoppt durch die unendlich gastfreundliche und liebevolle Gastfamilie.

Sie haben uns mit gehaltvollen und schmackhaften Speisen bewirtet, wobei der Anblick des Hühnerkopfes und der -füße in der Suppe nicht für jedermann/-frau optimal waren, dafür aber der Geschmack. Schmackhafte Reispfannkuchen, Blumenkohl, Kartoffeln und eine Art Hackfleisch mit Minze rundeten das überaus leckere Essen ab. Die Nacht verbrachten wir verteilt auf verschiedene Zimmer, wo wir alle in einen tiefen Schlaf fielen. Der Morgen erforderte etwas Organisation, da wir uns eine Dusche und zwei Toiletten zu teilen hatten, was etwas anders war, als wir es möglicherweise sonst gewohnt sind,  aber mit ein bisschen Einschränkung und Rücksicht aufeinander ging alles ohne jeglichen Probleme von statten.

Morning has broken like the first morning

Der Kaffeeduft aus der mitgebrachten Kaffeemaschine stärkte alle Lebensgeister und wir blickten von der Terrasse aus auf einen Ausläufer des Himalayagebirges, der zwar durch seine Größe die Sonne noch nicht ganz bei uns sein lässt, aber die Berggipfel erstrahlen schon in der Morgensonne. Diese Übernachtung im Kreise solch liebevoller Menschen und in dem ursprünglichen und doch behaglichen Haus bleibt eine der wesentlichen Erinnerungen, die ich nicht nur mitgenommen habe, sondern die auch immer wieder in meinem Kopf Platz greift. Danke Tibetmoto, danke Hendrik! Auch in dieser Region erleben wir die für uns erstaunliche Fülle der Natur in einer Höhe von 2.500 m, wobei man eben an dieser Stelle nicht vergessen darf, dass wir uns nach wie vor in der Zone des subtropischen Gebietes bewegen, d.h. es wird tagsüber eigentlich nie kälter als 16-18°, auch im Winter nicht.

So vielversprechend der Tag mit dem Wetter begann, so abrupt änderte es sich  auch. Wir fuhren zunächst das Tal weiter entlang, um dann einen 4.300m Pass (Pass of the White Horse) zu erklettern der uns sozusagen „inside the Himalayas“ führte. Über die Berge hinweg sollte es zu einer der spektakulären Yangtze-Schleifen gehen, jedoch endete unsere geplante Strecke an anderer Stelle, da der Schnee die Straße absolut versperrte.  Kein Durchkommen, absolut nicht. Ein Schneebrett von ca. 50 m Breite aber auch ca. 50 cm Höhe zeigte uns unsere Grenzen auf. Alle Versuche, die Maschinen mit wenig Gas und zwei Mann Begleitung hinüberzuschieben oder zu fahren, scheiterten in der Praxis, weil keiner von uns in dieser Höhe die Maschine im Schnee schieben konnte. Unsere holländischen Freunde verwechselten kurz mal den fliegenden mit dem rutschenden Holländer und sausten den Berg hinab und dann machten wir kehrt, fuhren ein paar Kilometer zurück und mussten durch den neu gebauten Tunnel (auch ein Stolz der Chinesen) fahren, um auf die andere Seite der Passhöhe zukommen.  Immer noch in ca. 4.000 m Höhe durchquerten wir den Tunnel und dann begann eine Wahnsinnsabfahrt zum Yangtze Tal.

Kehre auf Kehre, eine voll ausgebaute Straße, der Road Captain nicht zu sehen, hie und da die Geschwindigkeitsbegrenzung vergessen und sich dem Genuss diese Wahnsinnsabfahrt auf etwas über 3.000 m hinzugeben. Ein wahrer Hochgenuss, bewaldete Berghänge ließen das Auge schweifen und die Sonne tat ihr bestes. Und das war auch sehr positiv, denn von 100 m zu 100 m Höhenunterschied erhöhte sich die Temperatur und damit auch unser Wohlgefühl,  denn oben auf dem Pass war es auf gut Deutsch gesagt „saukalt“. Am Ende des Tages wartete noch eine ziemlich enge, vor allem aber heiße Schlucht auf uns und wir landeten in der Derong Region.

Wir nächtigen im so genannten Grand Hotel. Welch „wunderbares“ Hotel und ein einzigartiges Restaurant erinnert daran, dass wir tief in China sind. Keinerlei Kaffee oder Tee, der unseren Vorstellungen entspricht (muss ja auch nicht sein, dafür sind wir ja in China). Die erstaunten Kinderaugen, wenn man nach etwas fragt (wobei ich dachte „Coffee“ ist ziemlich international) aber dafür heiße Suppe mit viel Gemüse und Reis zum Frühstück. Darin schwimmen Spiegeleier, die auf beiden Seiten gebraten sind und diese Spiegeleier werden zusammen mit dem Gemüse und der Suppe mit Stäbchen genossen! Der Rest der Super wird einfach samt Schale an den Mund gesetzt und fertig.

Nicht, dass ich mich beklagen will, im Gegenteil, alle Speisen waren in Mehrheit ein Ereignis mit jeweils viel Gemüse aber auch mit kleinen Stückchen von Knochen mit Fleisch (meist sehr frisch).

Überall sah es nach den gleichen Speisen aus, aber es schmeckte je nach Region jeweils anders, überaus lecker und ich hatte mir fest vorgenommen Gemüse einmal so zu probieren wie es die Chinesen auch zubereiten, natürlich mit viel Knoblauch aber auch mit Ingwer und anderen Zutaten, die oftmals direkt vor der Zubereitung aus dem eigenen Garten geerntet wurden.

Ende des Teils 3 – und doch noch immer kein Ende.