Nach unserer Chinatour im Frühjahr wollten wir eigentlich etwas Tour-Pause machen. Haben wir auch, immerhin bis Juni, aber dann war sie einfach wieder da, diese unglaubliche und unstillbare Sehnsucht nach einer Tour. Also, einmal von Ost nach West die Pyrenäen queren, im Cirque de Troumouse Luft schnappen und zurück von West nach Ost mit Abstecher in den Gorges du Tarn. Schön war es und die Strecke und mehr gibt’s wenn Ihr weiter lest.

Die Kernstrecke in den Pyrenäen

Gesamtstrecke: Stuttgart / Martigny, Col des Forclaz / Chamonix-Mont Blanc / Valence / Narbonne / Figueres / Castellfollit de la Roca / Montagut i Oix / Beget / Rocabruna / Ripoll / Ribes de Freser / Urtx / -Adrall / Sort / -Port de la Bonaiga / Vielha / Col du Portillon / Col d’Aspin / Bagneres-de-Bigorre / Saint-Marie-de-Campan / Col du Tourmalet / Luz-Saint-Sauveur / Cirque de Troumouse / Argelez-Gazost / Col d’Aubisque / Gourette / Col du Pourtalet / Biescas / Broto / Anisco Schlucht / Escalona / Tuixen / Saldes / La Seau D’Urgell / La Massana / Ordino / Aix-le-Termes / Aulus-les-Bains / Seix / Braquet / Moulis / St. Grions / Col de la Crouzette / Col de Jouels / Col de Marrous / Serres sur Arget / Foix / Limoux / Carcassone / Laztour / Mazamet / Millau / Gorges du Tarn / La Malene / St. Etienne / Stuttgart

Von Stuttgart in einem Hurra nach Martigny, weiter über den Col de la Forclaz über Chamonix-Mont Blanc und Albertville, Grenoble möglichst meidend und dann langsam ausrollen lassen, um in Valence nach 8,5 Fahrstunden ein genussvolles Essen auf der Terrasse zu genießen.

Es folgt ein Fahrtag mit zwei unterschiedlichen Hälften. Zu Beginn ein Stück Autobahn, unspektakulär und eher nicht berichtenswert. Dann aber, nach Figueres, insbesondere nach Castellfollit wird’s superstark. 80 km Kurvenstrecke über Montagut i Oix und Rocabruna tauchen wir ein in die Pyrenäen und sind schon auf den ersten Kilometern hin und weg. Eine Kurvenhatz der besonderen Art, leere Straßen und zwischen Beget und Rocabruna jubeln unsere Bikerherzen.

In Grevol wird übernachtet und wir starten an einem unglaublich klaren Sommermorgen in den nächsten „Arbeitstag“, denn über 300 kurvenreiche Kilometer wollen abgearbeitet werden. Zunächst auf die N260 und über den Coll de Canto bis Sort. Dann weiter auf der C13. Am Rio Noghuera-Pallaresa entlang geht’s auf über 2000 Meter hoch zum Port de la Bonaigua. Über den Col du Portillon ins französische Département Haute-Garonne.  Weiter über den Col d’Aspin und zur Belohnung Übernachtung im absolut ruhig und abseits gelegenen Golfclub.

260 km und rund 5 Fahrstunden, die es in sich haben, zuerst ein paar km zurück, dann rechts ab und wir erobern den Tourmalet, einen Monat vor der Tour de France. Weiter nach Luz-Saint-Suveur und da das Wetter passt, klettern wir weitere 1.000m hoch zum Cirque de Troumouse. Das ist eine Stichstraße, aber fantastisch, an deren Ende ein aus Stein geformtes Halbrund wartet.

Über der absolut stillen Landschaft kreisen Geier im heißen Sommerwind, der an den Felswänden hochsteigt. Sehr „groß“ kommt man sich hier nicht vor.

Dann südwärts nach Argelez-Gzost über den Col du Pourtalet nach Spanien und wir biegen in Biescas nach links von der Hauptstraße ab in den Ordesa Nationalpark. Spektakulär, wild und einsam die Straße nach Broto aber dafür rollen die Bikes gegen Spätnachmittag in Richtung Labuerda eher sanft, dafür schnell aus. „Erholung“ von einer fabelhaften Strecke, die aber nicht nur sanftes Schwingen sondern auch Abdrücken und Aufrichten bedeutet, haben wir uns verdient.

Wir fahren weiter Richtung Süden und heute ist Landschaft angesagt. Wir bewegen uns in Richtung der Serra del Cadi, die als einer der reizvollen Landschaften gilt. Allerdings gönnen wir uns kurz vor Schluss einen Schwenk nach Norden, um über den Coll de Joul wieder mitten hinein in die Pyrenäen zu kommen. Und siehe da, die Überraschung ist groß. Mitten auf dem Berg genießen nicht nur wir die frei Straße, sondern auch eine kleine Herde Alpacas, die sehr gemütlich die Straße queren (die haben ja bekanntlich eine therapeutisch-beruhigende Wirkung).

Wir verlassen die Hauptstraße und biegen ein in die Region um Saldes. Ein richtig kleines Kurven-Karussell erwartet uns in einer stille Landschaft. Unser Hotel liegt sozusagen „mitten in der Pampa“, die Anfahrt ist schon berichtenswert, da wir kurzzeitig eher an einen Mountain-Trial dachten und natürlich im Garmin angezeigter Hotel-Standort (an der Straße) nicht im mindesten mit dem tatsächlichen Standort übereinstimmte. Aber es lohnt sich. Beim „Happy-Landing-Bier“ am Abend haben wir einen eindrucksvollen Blick auf den Pedraforca, der sich uns in der untergehenden Sonne in seiner ganzen Pracht präsentiert. Lage toll, Essen hat deutlich Luft nach oben, Betreiber super nett.

Die Abendsonne lässt den Pedraforca in tollen Farben schillern.

Ein paar km müssen wir zurück, aber das lohnt sich. In den Norden auf der C 462 durch den Nationalpark, weiter Richtung Andorra, wobei wir einen Tunnel in Kauf nehmen, dann aber eine Achterbahn Strecke kommt. Andorra selbst brauche ich ganz persönlich nicht. Die Innenstadt ist voll und laut, Rush-Hour-Verkehr von morgens bis abends, Shop an Shop, sozusagen eine einzige Einkaufs-Mall (beim Durchsehen der Fotos fällt mir auf, dass niemand aus der Gruppe in diesem „idyllischen Bergstädtchen“ irgendwelche Fotos geschossen hat). Aber raus aus Andorra und über den Pas de la Case auf die N22, Richtung Ax-Les-Term. Ein kurzes Stück auf der N20 und dann links ab in die Pampa auf der D8.

Einmal quer durch den „Parc Naturel Regional des Pyrenees ariegeoises“. Wieder suchen wir die kleinen Straßen, was meinem Garmin manchmal etwas Kopfzerbrechen bereitet. Zugegeben in engen Tälern und Sträßchen etwa so breit wie ein Fahrzeug ist es verständlich, führt aber ab und zu zu bemerkenswerten Umkehrmanövern. und nach gefühlten 198 Kurven landen wir in Saint-Giron, einem netten kleinen Städtchen mit etwas verstecktem Hotel, welches wir aber gefunden haben und drehen eine Runde im Hotelpool. Am Abend erwartet uns wieder einmal ein genussvolles Abendessen, was leider aber auch dazu beiträgt, den Schwerpunkt unserer Peds noch etwas nach unten zu ziehen.

Am letzten Tag in den Pyrenäen machen wir nochmals ein paar kleine Pässe, die zwar nicht sehr hoch sind, aber trotzdem das Gleichgewichtsorgan strapazieren. Über den Col de la Crouzette, den Col de Jouels und den Col des Marraous verlassen wir die die fantastische Bergwelt, die uns unendliche Fahrfreuden beschert und mit hervorragendem Essen verwöhnt hat. Dann rollen wir über Freychenet und Limoux nach Carcassonne, wo wir ein Hotel mitten in der „Cite“ haben. Diese „Cite“ ist ein unendlicher Touri-Magnet (uns zieht’s ja auch hin) und entsprechend voll. Wir hatten bewusst ein Hotel mitten in der „Cite“ gebucht, denn manchmal gibt einem das Internet ja auch wertvolle Informationen, nämlich dahingehend, dass die „Cite“ gegen Spätnachmittag und am Abend eben nicht voll sei, weil alle Touri-Busse schon am Nachmittag wieder abdüsen. Und siehe da, so war’s. Bevor wir aber in die Altstadt eintauchen konnten, noch etwas symptomatisch Berichtenswertes. Eine der Maschinen hatte ein kleines Problem. Benzin trat aus und es war unklar, welche Ursache dafür in Frage kam und wie der Schaden zu beheben sei. Nun denn, das BMW Verzeichnis herausgeholt, und angerufen und die Umstände geschildert, nämlich, dass wir auf der Durchreise sind und eigentlich auch weiter müssen: 1. Laden = keine Zeit, 2. Laden = keine Zeit, 3. Laden = keine Zeit. Bravo! Dann irrten wir durch Carcassone und sahen rein zufällig „Dafy-Moto“. Rein in den Hof, Problem geschildert. Erste Reaktion: Ich muss gerade einen Kunden bedienen, hier ist Werkzeug, vermutlich muss die Verkleidung weg. Also gut, wir fingen an und kurze Zeit darauf bekamen wir sachdienliche Hilfe und das EURL MAXI MOTO Team kümmerte sich. Wie so oft, es war eine Dichtung. Problem gelöst und während das Ped von dem Werkstatt Team wieder zusammengeschraubt wurde, tranken wir einen Kaffee. Ach so, der Preis: 0,56 € kostete die Dichtung und ansonsten zuckte er mit den Schultern. Leute, das war großartige Unterstützung, nette freundliche und höchst hilfsbereite Menschen, sehr empfehlenswert daher volle Adresse und Kontakt.

Dafy Moto / 6 Rue Pierre De Coubertin / 1100 Carcassone / mail: carcassonne@dafy-moto.fr

Die Peds ruhten schließlich auf dem Parkplatz außerhalb der Cite-Mauern und das Gepäck wurde mit einem Minivan zum Hotel gefahren, so dass wir in Ruhe zum Hotel laufen konnten und einen ersten Eindruck dieser sehenswerten historischen Stätte genießen konnten. Duschen und dann war doch etwas Kultur angesagt. Immerhin spazierten wir durch ein Weltkulturerbe mit engen Gässchen und alten Steinhäusern, die auch heute noch bewohnt sind. Die Souvenirläden sind wohl neueren Datums und wie üblich bekommt man dort alles, außer Ruhe.

Taucht man jedoch in die Basilika St-Nazaire-St-Celse ein, umgibt einen schlagartig eine beeindruckende Stille in einem hohen, lichtdurchfluteten Raum, in welchem durch die bunten Glasfenster ein farbenprächtiges Brechen der Sonnenstrahlen zu beobachten ist.

Etwas stiller schlendern wir nach diesem Besuch durch die abendliche Stadt, es treibt uns noch auf die Burganlage und schlussendlich landen wir in einem „typischen“ Restaurant. Nun denn, touristische Highlights sind bestimmt schön anzusehen und man gewinnt viele Eindrücke, manchmal sind nicht alle positiv.

Die „Cite“ am Spätnachmittag

Nochmals ein Tag, der es in sich hat. Start heute schon um 8.00 Uhr, denn wir fahren 7,5 Stunden, aber wie. Wir beginnen den Tanz auf der 101 Richtung Mazamet. Und wie üblich kann man Strecken so oder so fahren. Natürlich haben wir uns für so entschieden und fahren die D 101 über Lastours und genießen das Kurven-Karussell vor und nach Mas-Carbadess.

Später tauchen wir zuerst unter dem großartigen Viadukt von Millau durch und dann in den Gorges du Tarn ein. Welch phänomenale Schlucht. Rund 35 km zwischen Sainte-Enimie und Le Rozier schlängelt sich die Straße entlang des Tarn. Sie präsentiert uns steilwändige Engpässe mit nahezu 500 m hohen Felswänden ebenso, wie weite Täler. Es ist tierisch heiß und mitten im Gorges gönnen wir uns ein Päuschen in La Malene, einem der wenigen Orte, wo eine alte Steinbrücke den Tarn überquert. Aber Achtung, der Tarn ist ein gefragtes Gewässer für Menschen, die gern Kanu fahren, die man überall am Fluss mieten kann. Dies bedeutet nichts anderes, als dass in den Kurven immer wieder Geländewagen mit Anhängern voll Kanus wie die Irren, die Kurven schneiden.

Zum Abschluss der Tour dann noch ein Erlebnis, wie wir es eigentlich schon lange nicht mehr hatten. Zugegeben, wir sind alle „Leckermäulchen“ und oft suchen wir uns die Unterkunft unterwegs nach dem Restaurant oder den lokalen Spezialitäten aus. Für den Abschluss der Tour hatten wir uns ein Hotel nahe St. Etienne ausgesucht, dessen Restaurant „über den Klee“ gelobt wurde. Bereits bei der Zimmerreservierung hatten wir einen Tisch für das Abendessen gebucht. Nach Ankunft im Hotel und dem üblichen Einchecken und Duschen ein ebenso übliches „Happy-Landing“ Bier auf der Terrasse. Dann die Suche nach dem Restaurant, also zur Rezeption und unter dem Hinweis, dass wir Plätze gebucht hätten, die Frage nach dem Ort des Geschehens, d.h. wo müssen wir zum Essen hin? Die Antwort enthielt zwei bemerkenswerte Elemente, nämlich zum einen, dass keine Reservierung vorlag und zum anderen, dass es etwas außerhalb des Hotels in der Stadt einen preiswerten Imbiss gäbe. Zu meiner Überraschung fügte die außerordentlich gut hergerichtete junge Dame nicht an, dass dies für Motorradfahrer wohl der richtige Treff zum Abendessen wäre. Nun wir wollten nicht zum Imbiss und daher trugen wir unser Anliegen dem „Manager“ vor. Dieser reagierte zwar professionell aber nicht wirklich hilfreich. Ja, die Reservierung hätten sie wohl „versemmelt“, aber das Restaurant sei über Monate hinweg ausgebucht (glaubhaft, deshalb hatten wir ja frühzeitig reserviert) und das zweite Restaurant im Hause sei etwas einfacher aber auch voll reserviert, zumal eine Hochzeit im Hause stattfand. Eigentlich wollte ich nicht zulassen, dass er das Problem auf meine Seite des Tresens schob und nach einigem Hin und Her bekamen wir dann doch noch einen Tisch im „zweiten“ Restaurant. Es war OK, wir verhungerten wirklich nicht, nur der ganz große Abschied war es nicht. Ich möchte aber auch anmerken, dass ich ein solches Verhalten seit Jahren nicht mehr kenne und über die immer weiter sich verbreitende freundliche Aufnahme von Motorradfahrern froh bin. Und trotz dieses kitzekleinen Wermutstropfen bleibt als Resümee, dass es eine fantastische Tour mit übergroßem Fahrspaß und absolut tollen Eindrücken war.