Unsere für September geplante „Route des Grandes Alpes“- Tour führte schnurstracks nach Norwegen. In den Tagen vor dem geplanten langen Wochenende quer durch die französischen Alpen kamen meinen Süddeutschen Weicheiern doch immer stärkere Wetterbedenken. Ja, es stimmt, aus der  Wettervorhersage tropfte bereits beim Lesen das Wasser und ja, es stimmt auch, dass wir auch schon mal im Sommer Schnee in den Alpen hatten und umdrehen mussten. Aber trotzdem, mein Hirn und das Herz waren auf Motorrad Fahren gepolt und so musste eine Alternative her.

Also Karte und Wettervorhersage versucht in Übereinstimmung zu bringen und da erschien mir die Lösung auf der Hand zu liegen. Mittwoch Mittag ab Hamburg nach Hirtshals, dort auf die Nachtfähre nach Stavanger und dann bis Sonntag die Fjorde umrunden und in Oslo wieder auf die Fähre nach Kiel.
Meinen Nachbar traf ich ein paar Tage vorher am Gartentor und informierte ihn, mag durchaus sein, dass ich ihm auch etwas vorgeschwärmt habe, jedenfalls war sofort klar, wir fahren die Tour gemeinsam.
Der guten Ordnung halber checkten wir beide das Wetter in den Tagen vor der Fahrt regelmäßig und immer mit dem gleichen Ergebnis. Norwegen durchwachsen bis trocken. Na denn – auf geht’s. Am Mittwochmorgen musste der Arme noch mal ins Büro und von dort aus schaute er noch nach der Vorhersage für die Strecke nach Hirtshals. Ergebnis: trocken. Ich war zuhause und wollte der guten Ordnung halber auch noch mal die Strecke checken, weil ich nicht so recht wusste, was ich anziehen sollte. Mein Ergebnis bei einem anderen Wetterdienst: trocken. Das Ergebnis stimmte ja auch für einen Teil der Strecke, aber auf dem Streckenabschnitt nach Flensburg hat irgendjemand vergessen dort oben bezüglich der Wettervorhersage Bescheid zu geben. Es begann auf den nächsten 300 km zu schütten. Auf einem Parkplatz samt Toilettenhäuschen zog sich Peter sorgfältig und komplett um, was dann doch mit 25 Minuten zu Buche schlug. Dann mussten wir noch einen Tankstopp einlegen und, was ich in der Form noch nie erlebt habe, die dänische Autobahn war rappelvoll und alles schlich wegen dem starken Regen so vor sich hin. Irgendwann wurde uns klar, dass wir bei diesem Vorwärtskommen nur einen Platz auf der Fähre am nächsten Tag erhalten würden. Es galt eine Entscheidung zu fällen. Da wir während des Fahrens miteinander kommunizierten und daher die Zeit zur Verständigung kurz war, begnügte sich der Argumentenaustausch auch auf eine sehr kurze Handbewegung. Dann war alles klar. Die Maschine in den Regenmodus schalten und ab die Post. Das Beruhigende daran ist, je schneller man mit einem Motorrad bei Regen fährt, desto besser ist die Sicht, weil der Fahrtwind den Regen von der Frontscheibe nach oben wegbläst. Kurz und gut, wir erreichten die Fähre und nachdem die Helme unten waren und wir uns ansahen, war schon klar, dass wir nicht ganz vorschriftsmäßig  unterwegs waren und weder wettergerecht noch verkehrsangepasst Dänemark durchquert haben. Außerdem waren wir etwas durchgefeuchtet und die warme Dusche an Bord und die Aussicht auf ein gutes Abendessen tat uns gut. Überhaupt unterscheidet sich der Service auf den Skandinavischen Fähren doch sehr deutlich von den südländischen. Auf all den  Nordland Schiffen habe ich den Eindruck Gast zu sein, nach Sardinien oder Elba verstärkt sich bei mir immer das Gefühl, dass ich störe.
Die Fährüberfahrt war sehr OK und frühmorgens legten wir in Stavanger an. Leider soooo früh, dass an ein Frühstück auf dem Schiff nicht zu denken war. Wir mussten auch quer durch die Stadt, um auf der anderen Seite unsere Fähre nach Tau zu bekommen.  Nach einer halben Stunde standen wir vor dem Fähranleger und hatten noch ausreichend Zeit beim nahegelegenen Bäcker belegte Brötchen zu holen, um sie auf der Fähre zusammen mit einem Kaffee zu genießen.
Und dann stahlen sich die ersten Sonnenstrahlen durch das Heer der Wolkensoldaten, um zu zeigen, he, ich bin da und ihr werdet mich nicht aufhalten. Ein herrlicher Anblick versüßt durch den Kaffeeduft und das Brummen des Schiffsdiesel, setzte uns Zeichen für einen guten Tag.

Zunächst ein eher enges Sträßchen (die 43), die sich dann aber entlang des Tystalsvatnet hervorragend fahren lässt. An einem sonnigen Morgen durch Norwegens Mitte zu düsen, bei glasklarer Luft und angenehmer Sonne, das hat schon was. Weiter auf die 13 und in Richtung Ardal. Am Ende des Ardalfjords queren wir  in Richtung Josenfjord. Und inmitten des Wassers ein kleines Inselchen mit einem Norwegerhäuschen drauf. Ruhig schnurren die Peds auf der 13, wenig Verkehr und wir kommen zügig voran. Die Landschaft geprägt durch bunte Gehöfte und Landwirtschaft, noch nicht spektakulär aber doch sehr angenehm. In Hjemland sehen wir die Fähre von hinten und haben so Zeit für ein kurzes Päuschen. Kurz vor der Ankunft des nächsten Schiffs kommt ein Schulbus angefahren, um die Kids der gegenüberliegenden Seite aufzunehmen und zur Schule zu bringen. Alle Kinder im Bus sind angeschnallt und, wie ich nebenbei erfahre, können alle Busse nur angelassen werden, wenn der Fahrer vorher in das berühmte Röhrchen bläst. Erscheint irgendwie sinnvoll – oder? Auf der anderes Seite wartet Nesvik auf uns und dann geht’s direkt am Fjord entlang. Ein wunderschöner Abschnitt der sich schnell und doch entspannt fahren lässt. Immer rechts das dunkle Blau des Fjords, dann links ab über’n Berg und auf der anderen Seite landen wir an einem anderen Arm des gleichen Fjord, obwohl er einen eigenen Namen hat. Nur aufpassen, das Wasser ist jetzt links. Wie auch immer, nach kurzer Zeit wartet bereits die nächste Fähre bei Sand auf uns, wohl deshalb, damit wir auf der 520 das Wasser wieder auf der rechten Seite haben. Ein richtig schönes Sträßchen zum Laufen lassen und dann queren wir Sauda, um in unseren ersten Highlight einzutauchen. Die 520 hoch zum Roldal Skicenter. Zu Beginn schlängelt sich die Straße an einer Schlucht entlang durch den Wald. Achtung Freunde, die Straße ist eng und die LKW’s die von der Baustelle am Stausee kommen sind schnell. Außerdem wissen die, glaube ich, sehr wohl um ihr Gewicht und ihre Größe. Und so steht man sich plötzlich in der einen oder anderen Kehre gegenüber. Die Ausblicke in die Schlucht sind atemberaubend und oben, nach dem Überqueren der Staumauer beginnt eine Mondlandschaft. Dann  geht’s quer über’s Fjell und am Ende stoßen wir auf die 134 und können die Peds wieder springen lassen und zügig durch die schnellen und gut ausgebauten Kurven hoch zum Rodalstunnel und nach rund 4,5 km lacht uns wieder die Sonne entgegen. Herrliche Abfahrt nach Odda, wo wir uns bei 20 Grad im T-SHirt draußen sitzend, eine kurze Pause mit Lachsbrötchen und Cafe gönnen, die lediglich durch einen hupenden Busfahrer unterbrochen wird, ei dieweil wir es unseres Peds in seiner Parkbucht gemütlich gemacht haben.  Den Fjord wollten wir links liegen lassen, aber die Norwegische Straßenbaubehörde hatte ein Einsehen und diese Straße gesperrt. Also die andere Seite nehmen und das Wasser ist, wie fast schon gewohnt, wieder rechts. Links erstrecken sich die endlosen Reihen der Apfelbäume, für welche diese Region bekannt ist. Am Ende des Fjordarms setzen wir dann über, um durch diesen irren Hardangertunnel, mit Kreisverkehr und lila Beleuchtung zur Hadangerbrücke zu gelangen. Beides, d.h. Tunnel als auch Brücke durchaus ein Spektakel. Am Ulvikfjord entlang lassen wir es ausrollen, um einen tollen Tag in einem nicht weniger tollen Hotel direkt am Fjord ausklingen zu lassen. 
Für dieses Bild aus dem Hotelzimmer mussten 10 Sekunden ausreichen, denn dies war der einzige Moment, in welchem nicht fotografierende Chinesische Gäste den Park bevölkerten. Und wieder habe ich durch Völkerverständigung etwas dazugelernt, nämlich es gibt offensichtlich nichts auf der Welt (inklusive unserer Motorräder), was von unseren chinesischen Freunden nicht geknipst wird.
Der Morgen begann mit einem hellen Himmel und Trockenheit und so begannen wir äußerst wohlgelaunt gleich zu Beginn ein Sahnestückchen anzutreten, nämlich die alte Straße von Ulvik zu Bundesstraße 13, die 572. Gleich nach dem kleinen sympathischen Ort werden über etliche Kehren 400 Höhenmeter überwunden und oben auf der Ebene eröffnet sich nicht nur ein herrlicher Blick auf den Fjord sondern wir tauchen in eine tolle Waldlandschaft ein. Vorbei an zwei Seen mündet die Straße in die 13 und bietet bei der Abfahrt einen atemberaubenden Blick in den Granvinsvat-See, in dessen spiegelglatter Oberfläche sich die gegenüberliegende Bergkette im Sonnenlicht präsentiert.
Zügig geht’s auf der 13 weiter, bis wir bei Voss auf die E16 stoßen und dieser rechts in Richtung Vangsnes folgen. Es bleibt zunächst ländlich und flach und auf den großen Verbindungsstraßen muss man auch immer mit den Kollegen von der Geschwindigkeitskontrolle rechnen. Also, nichts wie runter von der Straße und wieder auf die 13 ins Myrkdalen. Zum Ende des Tals hin taucht dann fast schon ein amerikanischer Anblick auf. Die Straße verläuft schnurgerade und in der Ferne sieht man die Kehren, die sich den Berg hinaus zum Vikafjell kämpfen. Es läuft echt gut, der Grip ist klasse und wir sind ziemlich allein auf der Straße, die Geschwindigkeit entsprechend. Und natürlich auf der anderen Seite in herrlichen Kurven wieder hinunter  zum Fjord und auf einer kitzekleinen Straße weiter nach Vangsnes.  Die Fähre fährt zunächst nach Hella, da müssen dann alle runter vom Schiff und auf der Straße umdrehen und wieder hinein, damit die PKW’s und LKW’s in Dragsvik auch runterfahren können. So ganz habe ich das System nicht begriffen, aber muss ich wohl auch nicht. Wir brechen auf zum nächsten Hochgenuss, nämlich die 13 in Richtung Skei. Völlig friedlich liegt die Landwirtschaft am Ufer des Fjords, kleine helle Häuser und in einer Biegung thront auf einem kleinen Hügel eine kleine weiße Kapelle. Irgendwie knüpft mein Hirn Verbindungen zu den letzten Nachrichten aus dem Internet, zu den letzten Tweets eines amerikanischen Präsidenten und einem koreanischen Egomanen und ich frage mich: Braucht man das alles wirklich?
 
Die Straße führt uns links in ein Tal hinein, das zunächst auch landschaftlich geprägt ist, dann enger wird und in 9 Kehren auf den Berg führt. Kurze Pause an einem futuristisch gestalteten Aussichtspunkt (Utsikten) mit irrem Blick  auf die soeben erklimmten Straßenkehren.  Und der ewig gleiche Rhythmus norwegischer Motorradtouren, dieses Prägende und Schöne kehrt ein: „Hoch-runter-hoch-runter“. Also runter nach Vik, um anschließend wieder mal 400 Höhenmeter hoch und danach runter zu E39 zu kurven. Dann aber mal ein Stück Strecke machen und auf der 39 zügig nach Anda, um dort die Fähre über den Utfjord zu nehmen. Anschließend bei Eid weiter auf der Straße bleibend, den See links liegen lassen und an seinem Ende kurz vor dem Kvivstunnelen biegen wir rechts ab auf die 60. Auch hier geht’s wieder über den Berg und am Ende sehen wir den Fähranleger vom Geirangerfjord. Doch vor dem Ort halten wir uns links um eine spektakuläre Fahrt entlang dem Fjord zu nehmen.  Rechts neben uns der Fjord, auf der Höhe des T-Stücks, d.h. an der Abzweigung des Fjordteils, welches alle Kreuzfahrer nehmen, gibt es an der Straße einen Aussichtspunkt. Erstaunlich, wie klein die Schiffe sein können. Eine gute neue Straße lädt uns auf dem restlichen Stück der Strecke ein, zunächst weg von Fjord und über die Berge nach Stranda zum leichten Schwingen ein, was wir in den frühen Abend hinein genießen.
Trocken, aber durchaus kalt erwartet uns der Samstagmorgen. Es geht gleich hoch ins Skigebiet und wir klettern die Kurven der RV 60 auf rund 500m hoch, um dann in ein leicht abschüssiges Tal einzufahren, dessen Stimmung schwer einzufangen ist, die aber alles leicht macht.  Die Berglandschaft weicht dem Ackerbau, morgendliche Stille und aus den Nebentälern steigt langsam der Dunst empor, den die Morgensonne vertreibt.
Wir wechseln über den Storfjorden nach Magerholm über und nehmen dann wieder so eine kitzekleine Straße, die sich am Berg entlang dem Fjord schmiegt, um über Valle zur E 136 zu kommen. Vor uns eine norwegische 1200 GT, mit welcher sich der Fahrer in manchen der engen Bergkurven leichter tut. Aber über 60km/h geht der Kollege nicht hinaus, so dass wir ihn dann doch relativ schnell hinter uns lassen. Wir lassen auch die 139 im wahrsten Sinn des Wortes links liegen und gönnen uns einen tollen Streckenabschnitt auf der 650 über Lyabygda zur Fähre nach Eisdal. Inzwischen wärmt die Sonne richtig und wir starten gleich nach der Fähre in zügigem Tempo, um auf die Hochebene zu kommen. Die Erwartung steigt, denn am Ende der Ebene wartet die Abfahrt nach Geiranger, die nicht nur tolle Fotos erlaubt, sondern auch mit tatsächlich engen Kehren glänzt. Zu dem Foto nur noch einen Satz. Das ist mit dem Handy gemacht und nichts, absolut nichts daran wurde nachgearbeitet. Dieser unheimlich schöne Fjord lag tatsächlich so vor uns, wie man ihn auf dem Bild sieht.
Das Schöne an Geiranger ist, dass wenn man erst einmal in dem Städtchen angekommen ist, auf der anderen Seite die Straße wieder in einer Vielzahl von Kehren hinausführt. Wenn ich aufgepasst habe, sind es über 30 verteilt bis Auffahrt nach Dalsnibba, dem von Touris umlagerten Aussichtspunkt. Den sparen wir uns heute, denn wir hatten ihn schon mehrfach besucht. Aber der Kaffeedurst nagt und so geht’s am See, der oft noch bis in den August hinein eine Eiskruste trägt, entlang auf die 15. Die ist leer und gut ausgebaut und rasend schnell. In Fossbergom, gleich neben der Stabkirche von Lom genießen wir dann Kaffee und einen kleinen Snack bevor wir uns wieder aufs nächste Fjell verabschieden. Wir nehmen die Sognefjell-Road und sie führt uns das fruchtbare Tal entlang und sehr gemächlich auf die Hochebene. Nach ein paar Kehren und vorbei am „Sommer-Ski-Center“ und durch ein spektakuläres Hochland biegen wir links ab auf eine Mautstraße. Achtung, die kann man nur mit Kreditkarte bezahlen und die Schranke liegt auf halbem Weg, d.h. wer nicht aufpasst muss  komplett zurück. Da oben über die Berge ist es verdammt einsam und man fragt sich, wer eine solche Straße hier baut. Egal wer, wir sind ihm/ihr dankbar und queren die Hochebene, an deren Ende ein dramatischer Abschnitt von Kehren-Straßenbau nach Ovre-Ardal hinunterführt. Diese Kehren sind richtig eng und der Abstand von einer zu anderen gering. Nicht schlecht, wenn man vorher schon mal Kehren gefahren hat, hier schadet Erfahrung durchaus nicht.
Tja und dann sind wir schon im letzten Hotel, die letzte Nacht und wir ahnen ja noch nicht, wie wir am darauffolgenden Tag belohnt werden.
Was für ein Morgen! Der Morgendunst liegt noch über dem Fjord, hier und da blitzt die Sonne durch und wir fahren auf der kurvenreichen Straße im Bergschatten entlang des Fjords. Sonntagmorgen, alles ist still. Dann beginnt der Anstieg und die Straße erfordert Aufmerksamkeit weil die Kehren zum Teil in Tunneln liegen und die weder beleuchtet noch trocken sind. Dann, um eine der letzten Kurven gebogen und die Straße wird von gleißendem Sonnenlicht geflutet. Dieser Moment, dieses Erlebnis wird mich durch die nasskalten, dunklen und trüben Wintertage bringen. Nicht, dass es sehr heiß wäre, hier oben auf dem Fjell haben wir gerade mal 4 Grad, aber über uns ein unendlicher hellblaue strahlender Himmel und mittendrin der Sonnenball. Am Endes des Sognefjellsvegen holt uns die Wehmut der Rückfahrt ein. Aber es folgt noch ein kurzer Streckenabschnitt, der uns nochmals begeistert. Wir biegen von der E16 rechts auf die 51 ab in Richtung Gol. Tja und die haben wohl offensichtlich für uns, die Straße komplett neu hergerichtet und so sind die Kehren hinunter nach Gol ein richtiger Genuss. Aber dann heißt es ausrollen und zum Fähranleger in Oslo düsen. – Schön war es!